von Redaktion

Ovb-Serie In alten Zeitungsbänden geblättert – Vor 100 Jahren erster Acht-Stunden-Tag

Raumnot: Stadt baut neue Schule

Rosenheim – Ein Blick zurück in die Vergangenheit sagt viel über die Entwicklung einer Stadt und die Sichtweise früherer Generationen. Vieles wiederholt sich auch in verblüffender Weise. Wir haben deshalb in alten Zeitungsbänden geblättert und präsentieren in unregelmäßigen Abständen die interessantesten Dinge aus bestimmten Jahren. Heute geht es um die Zeit vom 19. November bis 2. Dezember.

„Von halbwüchsigen Jungen und Knaben wird zurzeit aus Militärgewehren im Fürstätter Wald scharf geschossen. Es haben sich auch schon Kugeln in die Stadt verirrt. Hiermit wird vor der Benützung der Gewehre auf das eindringlichste gewarnt und das Publikum gebeten, den betreffenden Jungen die Militärgewehre abzunehmen und bei der Schutzmannschaft einzuliefern.“

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„An unsere Leser und Inserenten! Den Anforderungen der neuen Zeit Rechnung tragend, haben wir ab heute die achtstündige Arbeitszeit eingeführt. Diese Maßregel bedingt die äußerste Zusammendrängung der gesamten Herstellung unserer Zeitung. Aus diesem Grunde ersuchen wir, Anzeigen für die laufende Tages-Nummer möglichst schon am Vortage, spätestens aber bis Vormittag 11 Uhr aufzugeben.“

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„Die Bader und Friseure Rosenheims einigten sich, von heute ab für Rasieren, Haarschneiden usw. Einheitspreise festzusetzen. Das Haarschneiden an Samstagen und Sonntagen soll um 50 Prozent teurer werden als an Wochentagen.“

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„Sitzung des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten am 20. November. Das Kollegium fand sich heute zu seiner ersten Sitzung nach dem Umsturz zusammen. Rein äußerlich kam die veränderte Zeitlage durch die Anwesenheit von 26 Kollegiumsmitgliedern zum Ausdruck, einer Zahl, die schon seit langem nicht mehr erreicht wurde. Wohl der wichtigste Punkt der Tagesordnung war die Behandlung der Frage über die Zuständigkeit der Volks- und Soldatenräte und ihr Verhältnis zu den städtischen und bezirksamtlichen Verwaltungsbehörden. Anlaß bot ein Antrag des Volks- und Soldatenrates Rosenheim, die Tagegelder der Mitglieder, die wöchentlich 800 bis 1000 Mark ausmachen dürften, auf die Stadtkasse zu übernehmen. Das Magistratskollegium stellte sich auf den Standpunkt, die Kosten ohne Anerkennung einer Rechtsverbindlichkeit auf die Gemeinde zu übernehmen. Im Übrigen verweist der Magistrat auf einen Erlaß des Ministers Auer, in dem gesagt wird, daß sich die Volks- und Soldatenräte nicht über die bestehenden Gemeinde-, Distrikts- und Kommunalbehörden stellen dürften. GB. Göpfert, der Vorstand des Volks- und Soldatenrates Rosenheim, sprach seine Bereitwilligkeit aus, Hand in Hand mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Wenn von der Stadtgemeinde hierbei keine Schwierigkeiten gemacht würden, werde das Verhältnis stets freundschaftlich sein. Ein Ueberwachungsrecht müsse sich der Volks- und Soldatenrat vorbehalten schon deshalb, weil man mit den Verhältnissen vor dem Umsturz in den meisten Fällen nicht einverstanden sein konnte. Befolgt ein Beamter die Anordnungen des Volks- und Soldatenrates nicht, so würde man sich beschwerdeführend an die Regierung in München wenden und dessen Beseitigung fordern. Das gleiche Verfahren habe man schon bei mißliebigen Offizieren angewandt.“

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„Sitzung des Rosenheimer Volks- und Soldatenrates am 23. November. Wie Volksrat Geistaller berichtet, zeigen sich mancherorts Beweise dafür, daß namentlich bei einzelnen amtlichen Stellen Kräfte am Werke seien, welche dem Volks- und Soldatenrat ,Prügel zwischen die Füße werfen‘ möchten. Er fordert die betreffenden Stellen dringend auf, sich den Weisungen des Volks- und Soldatenrates unbedingt zu fügen, da der Rat auch über kräftige Mittel verfüge, seinen Anordnungen Nachdruck zu verleihen. Auch Volksrat Baumann betonte, daß der Volks- und Soldatenrat in örtlichen Fragen ganz selbstständig sei und daß sich die hiesigen Behörden den Anordnungen fügen müßten.“

„Im Zuge der Erweiterung des Wohn- und Gewerbegebiets der Stadt Rosenheim wurde die Stadtgärtnerei von der Rathausstraße in den Gemeindebereich von Westerndorf St. Peter verlegt. Auf dem stadteigenen Grundstück neben der Kläranlage bei Langenpfunzen wurde ein Musterbetrieb errichtet.“

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„Der Stadtrat beschloß, die Umstufung der B-15-Ortsdurchfahrt wie folgt zu beantragen: Kufsteiner Straße, David-Eisenmann-Straße, Jahnstraße, Rathausstraße, Prinzregentenstraße, Westerndorfer Straße. Die Pläne zu einer späteren Begradigung liegen bereits vor.“

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„,Man soll die Discount-Einkaufs-Zentren nicht als Gegner, sondern als Ergänzung betrachten‘, hob bei der Eröffnungsfeier des neuen ,dez‘ (jetzt ,Kaufland‘ im Aicherpark, Anmerkung der Redaktion) der Unternehmer Walter Hess aus Nürnberg hervor. Hess verschwieg nicht, daß vom Verband der Einzelhändler Sturm gegen diese neue Betriebsform gelaufen wird. Aber es werde sich auch in Rosenheim zeigen, daß sich die Anziehungskraft des ,dez‘ auf die ganze Geschäftswelt günstig auswirkt, weil die Kauflust der Kunden auch auf das Stadtinnere ausstrahlen wird.“

„Mistkäfer gehen durch die Beete und sehen nur den Mist, aber nicht die Rosen.‘ Dr. Michael Stöcker, Oberbürgermeister, über solche Bürger, die immer nur meckern.“

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„Erste Erdarbeiten für das Fundament der Grundschule an der Ebersberger Straße wurden vom Wintereinbruch vorläufig beendet. Immerhin konnten vor der Zwangspause schon einige tausend Kubikmeter Erde bewegt werden. Frühestens zum Schuljahresbeginn 1996 kann die neue Schule in Betrieb gehen. Später sollen die Ballspielhalle und Sportplätze folgen. In der Zwischenzeit muß geklärt werden, wo die vier Klassen unterzubringen sind, die voraussichtlich in der Grundschule an der Prinzregentenstraße bereits 1995 keinen Platz mehr finden werden. ,Wir schaffen es nie, alle Erweiterungen und Schulbauten auf die Reihe zu bringen‘, sagte Oberbürgermeister Dr. Michael Stöcker im Schulausschuß. Es müsse über Notlösungen nachgedacht werden.“ re

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