Dreifach wunderbare Mutter

von Redaktion

OVB-Serie „Kunst im öffentlichen Raum“ – Folge 137: die „Schönstatt-Madonna“

Rosenheim – Die Wiederöffnung der Heilig-Geist-Kirche nach umfangreicher Erneuerung bietet eine gute Gelegenheit auf ein besonderes Marienbild aufmerksam zu machen: Ein fein gearbeitetes Bronze-Relief der Schönstatt-Madonna, das der Rosenheimer Bildhauer Josef Hamberger Ende der 80er-Jahre geschaffen hat und das seither Zentrum der Verehrung ist. Der vor zwei Jahren verstorbene Meister der sakralen Kunst hatte einen sehr engen, persönlichen Bezug zur internationalen Schönstatt-Bewegung und ihrem Zentrum in Vallendar bei Koblenz am Rhein.

Gegründet hatte die geistige Erneuerungsbewegung hier 1914 der Pallottiner-Pater Josef Kentenich (1885 bis 1968) mit dem zentralen Gedanken des „Liebesbündnisses mit der Gottesmutter“.

Ausgangspunkt der
Marienverkehrung

Die ehemalige Friedhofskapelle zu Füßen des Schönstatt-Berges wurde zum Ausgangspunkt der Marienverehrung, als 1915 die Studenten, die Kentenich betreute, den Farbdruck eines Gemäldes der Muttergottes mit dem Jesuskind erhielten und hier als Altarbild anbrachten. Das Originalbild hatte 1898 der Turiner Maler Luigi Crosio (1835 bis 1915) geschaffen und ihm den Titel „Refugium Peccatorum“ (Zuflucht der Sünder) gegeben.

Crosio hatte sich bei seinem Marienbild an ein berühmtes, spätantikes Vorbild gehalten, die Ikone „Salus populi Romani“ (Heil des römischen Volkes) in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom. Diese Ikone war in Kopien weit verbreitet, so auch im Ingolstädter Jesuitenkolleg, wo der Jesuitenpater Jakob Rem (1546 bis 1618) dem Gnadenbild die Bezeichnung „Mater ter admirabilis“ (Dreifach wunderbare Mutter) gegeben hatte.

Nach dem Ingolstädter Vorbild änderten die Schönstätter Studenten die Bezeichnung ihres Marienbildes ebenfalls in „Mater ter admirabilis“ (MTA) und ergänzten mit „Schönstatt“. Von diesem „Urheiligtum“ ausgehend verbreitete sich die Verehrung der Schönstatt-Madonna weltweit. Heute gibt es ungefähr 200 Schönstattheiligtümer, originalgetreue Nachbildungen dieser Kapelle. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen möchte, dem sei ein Ausflug in den Panger Ortsteil Pösling empfohlen, wo vor 30 Jahren eine Schönstatt-Kapelle erbaut wurde.

Josef Hamberger erzählte im März 2018, wie sich seine Verbindung zu Schönstatt ergeben hatte: „Als ich 1946 bei Professor Henselmann an der Münchner Akademie meine Aufnahmeprüfung für die Bildhauerklasse ablegte, war da eine junge Marienschwester von Schönstatt, die ebenfalls die Prüfung bestand, mit mir studierte und Bildhauerin wurde. Gleichzeitig wurde eine weitere Schönstatt Schwester bei Professor Franz Klemmer in der Klasse für Malerei aufgenommen.“

Die beiden Schönstatt-Schwestern, die Bildhauerin Sigrid Theimann (1908 bis 2005) und die Malerin Roswina Hermes (1912 bis 2008) lebten als freischaffende Künstlerinnen in München und arbeiteten bei zahlreichen kirchlichen Aufträgen, vor allem aus dem Bereich der Schönstatt-Bewegung, eng zusammen. So auch bei der Ausstattung der zentralen Dreifaltigkeits- oder Anbetungskirche in Schönstatt, die 1965 bis 1968 von dem Münchner Architekten Alexander von Branca errichtet wurde.

Viel zu wenig bekannt ist, dass Josef Hamberger mehrfach für Schönstatt tätig war. Für die 1976 ebenfalls von Alexander von Branca errichtete Anbetungskapelle, die Hauskapelle der kontemplativen Anbetungsschwestern, die sich neben der Anbetungskirche befindet und deren architektonische Motive, wie die Bruchsteinverkleidung, aufgreift, schuf der Bildhauer die Gesamtausstattung (ohne Altar).

Neben Ambo und Kerzenständern ragen hier vor allem das Tabernakel und das monumentale Holzkruzifix heraus. Auch die Krone über dem dortigen Bild der Schönstatt-Madonna ist ein Werk von Josef Hamberger. Seit Pater Kentenich 1939 eine Krone als Zeichen für Maria, die Königin, über dem Gnadenbild im Urheiligtum anbrachte, darf die Krone bei einer Schönstatt-Madonna nicht fehlen.

Für die Kapelle der Bildungsstätte Marienland in Schönstatt entwarf Hamberger 1987 ebenfalls die Gesamtausstattung (ohne Altar). Ein weiteres Hamberger-Kruzifix befindet sich in einer anderen der zahlreichen Kapellen auf dem Schönstatt-Berg.

Ende der 80er-Jahre erhielt Josef Hamberger von hiesigen Anhängern der Schönstatt-Bewegung den Auftrag, den einfachen Farbdruck der Schönstatt-Madonna, der 1954 in die Heilig-Geist-Kirche gekommen war, durch ein hochwertiges Bronzerelief zu ersetzen. „Das war eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, denn ich musste das zweidimensionale Bild in ein dreidimensionales Relief übersetzen. Dabei durfte nichts von der innigen Beziehung der Gottesmutter zum Jesuskind verloren gehen. Auch die Wolken unten und der Heiligenschein sowie das Strahlen der beiden Personen mussten sich im Relief wiederfinden. Wo der Maler bei einem Bild Farben wirken lassen kann, musste ich die Bronze-Oberfläche sprechen lassen. Aber alles musste gut dosiert sein. Auch die Krone durfte nicht fehlen und ein Kerzenständer gehört immer dazu. Hier kann jeder eine Kerze anzünden und seine Wünsche und Gedanken der Muttergottes anvertrauen. Das ist sehr tröstlich.“ So schilderte Josef Hamberger 2018 seine Überlegungen zu diesem Auftrag.

Liturgische
Ausstattung

Nun hat die Heilig-Geist-Kirche eine neue liturgische Ausstattung von Sabine Straub erhalten. Die Münchner Bildhauerin schuf mit einem noblen Lichterort einen würdigen Rahmen für das Bronzerelief, der Schönstatt-Madonna und Kerzen in einer Neuinterpretation vereint. Der neue Platz an der Westwand unterstreicht die Aufwertung des Bronzereliefs des Rosenheimer Bildhauers. Josef Hamberger, der die Arbeiten zur Neugestaltung der Heilig-Geist-Kirche nur noch am Anfang begleiten konnte, wäre wohl zufrieden gewesen. Obwohl, so ganz zufrieden war er eigentlich nie.

Der Künstler

Josef Hamberger, 1925 in Pfannstiel bei Frasdorf geboren, studierte 1946 bis 1954 an der Münchner Akademie der Bildenden Künste Bildhauerei bei Professor Josef Henselmann. Während eines Studienaufenthaltes in London 1950/51 lernte er Henry Moore kennen. 1955 heiratete der junge Bildhauer die Rosenheimer Geigerin Eleonore Hörmann (1927 bis 2015) und ließ sich in der Stadt Rosenheim als freischaffender Künstler nieder, wo er 2019 starb. Mit der Goldenen Bürgermedaille 1999 und dem Kulturpreis 2011 ehrte die Stadt Hamberger für sein Schaffen, dessen Schwerpunkt auf der Ausstattung von Kirchen liegt. fie

Das Werk

„Schönstatt-Madonna“, Bronzerelief, Ende der 1980er-Jahre, Höhe 50 Zentimeter, Breite 34 Zentimeter, Tiefe 5,5 Zentimeter; Heilig-Geist-Kirche, Heilig-Geist-Straße 1, Rosenheim. fie

Artikel 5 von 10