Kommentar
Politischer Schuss aus der Hüfte
„Schnellschuss“ – so haben sowohl Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) als auch der Fahrgastverband „Pro Schiene“ das „Neun-Euro-Ticket“ genannt. Und der Begriff beschreibt das Vorhaben der Bundesregierung ganz gut. Kommunen und Länder stehen vor Tausend Fragen und bekommen keine Antwort. Sie können nicht planen, sie können nichts tun. Aber wenn es dann soweit ist, muss alles sofort umgesetzt sein.
Bei Kommunen und Verkehrsbetrieben muss der pure Frust herrschen. Anstatt mit ihnen zu sprechen, wird im fernen Berlin etwas entschieden, was für alle schön ist, aber nur Großstädtern wirklich hilft.
Dabei bräuchte der ÖPNV insbesondere in den kleineren Städten und auf dem Land nicht billigere Fahrpreise oder mehr Service, sondern schlicht mehr Anbindungen. Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ hat in einem Erreichbarkeitsranking ausgerechnet, dass im Landkreis Rosenheim nur 68 Prozent der Bevölkerung ausreichenden Zugang zum ÖPNV haben. 83000 Menschen in der Region müssen Auto fahren. Denen hilft auch kein Gratisticket.
Auch in der Stadt Rosenheim gibt es die ein oder andere Lücke im Fahrplan. Nach 18.30 Uhr gibt es Montag bis Freitag nur noch eine Bus-Linie, samstags sogar schon ab 16.30 Uhr und wer sonntags Bus fahren will, der muss sich einen mieten.
Dabei ist die Idee des Neun-Euro-Tickets ja grundsätzlich richtig. Denn ganz unabhängig vom Ukraine-Krieg müssen wir für den Klimaschutz alle weniger Autofahren. Um nachhaltig etwas zu erreichen, wäre es besser gewesen, das viele Geld – immerhin über zwei Milliarden Euro – in den Ausbau von Bus und Bahn zu setzen, anstatt die Preise für Großstädter zu senken.
