Rosenheim – Einen absolut vergnüglichen Abend verspricht das neue Stück „Gleisgeisterei“, mit dem die Heimatbühne Rosenheim kürzlich Premiere feierte. Die Bühne im Vereinsheim der Freien Turnerschaft verwandelte sich für gut drei Stunden in den Bahnhof von Niederhinterbergkirchentalhausen, wo der Standl-Hans (Reinhard Kaestner) am stillgelegten Gleis seinen Bahnhofskiosk betreibt. Er träumt von einer zweiten Chance, denn hätte er vor drei Jahren seiner Mona (Lisa Schmidt) seine wahren Gefühle gestanden, wäre sie jetzt nicht die Frau des Bürgermeisters (Thomas Reichhart), sondern die seine.
Alle Theaterspieler glänzten in ihren Rollen: Für das Publikum war deutlich spürbar, mit welcher Freude und Begeisterung sie nach zwei Jahren Corona-Pause dem Auftritt auf den Brettern, die die Welt bedeuten, entgegengefiebert hatten.
Und auch das Publikum war sichtlich begeistert von der leichten und lustigen Unterhaltung, die ihm geboten wurde: ein amüsantes Stück mit einer hintersinnigen Handlung, mit witzigen Dialogen, hervorragenden schauspielerischen Leistungen, und, was die Heimatbühne von vielen anderen Amateurbühnen deutlich unterscheidet, eine unglaublich liebevoll gestaltete, bis ins kleinste Detail ausgetüftelte, handgemachte Kulisse.
Matthias Bauer trumpfte in einer der Hauptrollen, der des Gleisgeistes Giacomo da Capo, auf. Er bot die perfekte Darstellung des südländischen Schlawiners und Verführers, der das Flirten aus dem Effeff beherrscht und über die Fähigkeit verfügt, per Zeitmesser manche Situationen da capo, also von vorne beginnen zu lassen: Das sorgte für viel Lachen beim Publikum.
Perfekt ergänzt wurde Bauer von den anderen Hauptfiguren: Reinhard
Kaestner als griesgrämiger Standl-Hans, dem Susanne Zweckstätter als Ursl Summwiesler und Marion Bachun als Bremsbichlerin schöne Augen machen – leider zwecklos, denn der Hans ist hoffnungslos in Lisa Schmidt als Mona verschossen. Fasziniert verfolgte das Publikum auch die Nebenstränge der Geschichte um die unglückliche Liebe des Standl-Hans: die Vermittlungsversuche der gutmütigen Ursl, deren Namen jeder vergisst; die Verführungsversuche der Bremsbichlerin, die nach einem Lottogewinn zur ungeliebten Schnepfe wurde, und die umschwärmte Mona, die letztlich nichts als Geld und Standesdünkel im Sinn hat.
Der Handlung verliehen Renate Gantner als vergessliches Radieserl-Reserl, Hans Garnreiter als Weichen-Wastl und Nicole Schulze als Schranken-Susi weitere Würze: Die drei beeindruckten durch unvergleichliche Mimik und sorgten in ihren Rollen für viel Vergnügen – ebenso wie Thomas Reichhart, der den naiv-großkopferten Dorfbürgermeister, der sich ständig verspricht und seiner Frau verfallen ist, auf unvergleichliche Weise gab.
Deftiger Humor, gepaart mit einer intelligenten Handlung und ausgezeichnetem Schauspiel: Die Zeit vergeht bei der „Gleisgeisterei“ wie im Flug – und gleich dem Gleisgeist möchte man die Uhr zurückdrehen, um das Vergnügen nochmals zu erleben.
Es lohnt sich in jedem Fall, denn nach vielen Irrungen und Wirrungen, einigen äußerst vergnüglichen Zeitsprüngen und lehrreichen Erfahrungen fügt sich zum Schluss für alle Figuren alles zum Besten – summa summarum ein Abend außer Haus, der beste Unterhaltung, unterhaltsame Musik und gutes Essen und Trinken bietet.Antonia Lange