Anlaufstelle für psychisch Erkrankte

von Redaktion

Depressionen, Angststörungen oder Psychosen: Immer mehr Menschen leiden an psychischen Erkrankungen. In Rosenheim hat das kbo-Inn-Salzach-Klinikum jetzt eine Tagesklinik eröffnet. Warum diese Einrichtung dringend benötigt wird – und was sie so besonders macht.

Rosenheim – Für Professor Dr. Peter Zwanzger ist es ein besonderer Termin. Der Ärztliche Direktor und Chefarzt des kbo-Inn-Salzach-Klinikums steht im vierten Stock der „Lokhöfe Offices“ am Rosenheimer Bahnhof. Er schaut aus dem Fenster, blickt auf die Berge. „So etwas gibt es in der Region bisher nicht“, sagt er.

Erst kürzlich hat die neue Tagesklinik des kbo-Inn-Salzach-Klinikums eröffnet. Sie bietet 40 Plätze zur Versorgung von psychisch erkrankten Menschen in Stadt und Landkreis Rosenheim. Bisher hat die Behandlung in einem Gebäude in der Freiherr-vom-Stein-Straße stattgefunden.

Betrieb läuft seit
November

„Vor 45 Jahren wurde dort die erste Tag-und-Nacht-Klinik in der Region eröffnet“, sagt Zwanzger. Die Idee war es, den Patienten zu ermöglichen, tagsüber in die Arbeit zu gehen und erst in der Nacht in die Klinik zurückzukehren. Oder andersherum: Den Tag in der Klinik zu verbringen und am Abend im eigenen Bett zu schlafen. Weil die Klinik in die Jahre gekommen war, suchte man schon seit geraumer Zeit nach einem alternativen Standort.

Nachdem bekannt wurde, dass am Bahnhof ein neues Gebäude entsteht, mit einer 5400 Quadratmeter großen Bürofläche, habe man zugeschlagen. Es folgte der Umzug, seit November läuft der Betrieb. „Uns gefällt es ausgesprochen gut hier“, sagt Geschäftsführer Dr. Karsten Jens Adamski. All das, was in den alten Räumen gefehlt habe, gibt es nun. Er nennt die hellen Räume als Beispiel, aber auch die Barrierefreiheit sowie die direkte Anbindung an den Nahverkehr und zahlreiche Parkplätze.

„Es ist ein großes Plus, dass psychisch erkrankte Menschen jetzt wohnortnah versorgt werden können“, fügt er hinzu. Vor allem der „Skyforest“ habe es ihm angetan. Dabei handelt es sich um eine kleine Parkanlage, die sich auf dem Parkdeck befindet. „Hier können sich die Patienten zwischen den Terminen entspannen“, sagt Adamski.

Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß er, wie wichtig solche Dinge für die Patienten sind. Die, die in die Tagesklinik kommen, leiden unter anderem an Depressionen, Angst- und Zwangserkrankungen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen. „Der Löwenanteil sind aber die Depressionen“, sagt Pflegedirektorin Kerstin Weinisch.

Sowohl ihr als auch den Kollegen gehe es darum, die Patienten ganzheitlich zu sehen. „Ziel ist nicht nur eine symptomatische Behandlung, sondern für eine langfristige Stabilität zu sorgen“, unterstreicht Adamski. Aus diesem Grund haben Patienten neben Einzel- und Gruppentherapien auch die Möglichkeit, kreativ tätig zu werden. Es gibt eine Kunst- und Musiktherapie sowie eine Ergo- und Bewegungstherapie. „Dort haben Patienten die Möglichkeit, Dinge auszudrücken, die sie nur schwer in Worte fassen können“, sagt Kerstin Weinisch.

Eine feste Dauer, wie lange die Behandlung in der Tagesklinik ist, gibt es nicht. „In der Regel sind es zwischen vier und sechs Wochen“, sagt Zwanzger. Bei manchen Patienten dauere es länger, andere seien bereits früher wieder stabil. Für diejenigen, die sich das Leben alleine noch nicht ganz zutrauen, gibt es seit Anfang des Jahres zudem die psychiatrische Institutionsambulanz, kurz PIA.

„Fachärzte und Psychologen behandeln Patienten mit einem komplexen und chronischen Krankheitsverlauf. Zum Teil fahren sie auch zu ihnen nach Hause“, sagt Adamski. Auch dieses Angebot gibt es ihm zufolge in der Region so noch nicht. „Dadurch ist es uns gelungen, eine weitere Lücke zu schließen.“ Und das sei durchaus wichtig. Auch wenn er und seine Kollegen während des Gesprächs immer wieder betonen, dass es in den vergangenen Jahren keinen Anstieg von psychischen Erkrankungen gegeben hat. Vielmehr sei das Thema mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, zudem lasse die Stigmatisierung nach. Trotzdem brauche es die zusätzlichen Plätze in der Tagesklinik – die bereits alle vergeben sind.

„Wir haben eine Warteliste, wobei wir eher den Begriff Koordinierungsliste verwenden“, sagt Zwanzger. Niemand müsse darauf warten, Hilfe zu bekommen. Im Gegenteil: „Eine akute Krise duldet keinen Aufschub und wir sind für die Menschen da.“ Jetzt unter anderem in hellen Büroräumen mit Blick auf die Berge und einem „Skyforest“.

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