Plötzliche Wende in der Innenstadt

von Redaktion

Aufhebung der neuen Fußgängerzone nach Quorums-Antrag vorerst gestoppt

Rosenheim – Der Antrag kam gerade noch zur richtigen Zeit. Denn nachdem sich die Mitglieder des Ausschusses für Verkehrsfragen und ÖPNV am Donnerstag, 13. Februar, mehrheitlich dafür ausgesprochen hatten, die Fußgängerzone in der Münchener Straße aufzuheben, begannen Mitarbeiter der Stadt am gestrigen Dienstagmorgen bereits damit, Fahrradständer und Pflanzentröge abzubauen.

Nachprüfung beantragt

Schluss damit war um kurz nach 9 Uhr – zu jenem Zeitpunkt, als Grüne, Freie Wähler/UP, FDP-Stadträtin Maria Knott-Klausner und ÖDP-Stadtrat Horst Halser ein Quorum beantragt haben – also eine Nachprüfung. Damit ist der Beschluss, die Fußgängerzone in der Münchener Straße aufzuheben, vorerst gekippt. In der nächsten Sitzung des Stadtrats am Mittwoch, 2. April, soll erneut darüber diskutiert und eine endgültige Entscheidung gefällt werden.

„Fast die Hälfte aller Stadträte vertritt eine andere Meinung“, sagt Peter Rutz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, am Telefon. Umso wichtiger sei es, dass die Entscheidung über die Zukunft der Fußgängerzone im Stadtrat getroffen wird. „Entscheidungen, die so wichtig sind, brauchen eine große Mehrheit“, sagt Rutz. Und genau die wird es nicht geben. Davon ist zumindest der Fraktionsvorsitzende überzeugt.

„Wenn die Fußgängerzone erst einmal aufgehoben wird, wird sie nicht wiederkommen“, sagt Rutz. Er spricht von einer „Rückwärtsrolle“, davon, dass man an einer „veralteten Verkehrspolitik“ festhält. „Ich kann die Entscheidung einfach nicht akzeptieren“, fügt er hinzu.

Unterstützung bekommt er von Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP. „Uns fehlt eine belastbare Grundlage, einen für ein Jahr geplanten Verkehrsversuch nach nur drei Monaten für gescheitert zu erklären“, sagt er auf OVB-Anfrage. Zumal nun mit Beginn der wärmeren Jahreszeit die Straßen und damit auch Fußgängerzonen wieder belebter werden.

„Absurd“ – Vorwurf der Unterwerfung

„Es ist absurd, sich dem Fehlverhalten einiger Autofahrer zu unterwerfen. Zumal die Zahl der verbotswidrigen Fahrten wohl auch zurückgeht“, fügt er hinzu. Der Plan, die Busse auf Dauer auf eine andere Strecke zu verlegen, ist in seinen Augen richtig, aber kein Grund, die jetzt eingerichtete Fußgängerzone bis zur Umsetzung wieder aufzugeben. „Dass die Busse dort fahren, hat man schon bei der Entscheidung für den Versuch gewusst“, sagt er.

Multrus plädiert aus diesem Grund dafür, „nach vorne zu schauen“ und sich zu überlegen, wie man mit möglichst einfachen Mitteln die Situation verbessern kann. Vorstellbar wäre eine mobile Bepflanzung, Piktogramme oder eine Bemalung auf der Fahrbahn, die aufzeigt, dass es sich eben nicht um eine gewöhnliche Fahrbahn handelt. Auch eine bessere Beschilderung könnte ihm zufolge für eine Verbesserung sorgen. „Ein schnelles Aufgeben ist hier nicht das richtige Signal, sondern nur ein Salto rückwärts“, sagt er.

Sind Schildbürger in Rosenheim am Werk?

Von einem „Schildbürgerstreich“ spricht FDP-Stadträtin Maria Knott-Klausner. Sie sei entsetzt über die Tatsache, dass man „die Flinte so schnell ins Korn schmeißt.“ Stattdessen plädiert auch sie dafür, über Verbesserungen nachzudenken. Notwendig ist in ihren Augen beispielsweise, dass der Busverkehr umgeleitet wird. „Es kann nicht sein, dass mehrere Busse hintereinander durch die Fußgängerzone fahren“, sagt sie.

Es ist ein Punkt, der auch Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU, stört – und für ihn Grund genug ist, die Fußgängerzone vorerst aufzuheben. „Es ist keine Fußgängerzone, sondern ein Verkehrsversuch“, unterstreicht er. Und dieser würde auch nicht erst drei Monate laufen, sondern – mit Blick auf den Bau des Kreisverkehrs in der Brixstraße – nahezu seit einem Jahr. In dieser Zeit habe man durchaus sehen können, dass die Einrichtung einer Fußgängerzone an dieser Stelle prinzipiell vorstellbar sei. Aber eben nicht so, wie es im Moment der Fall ist.

So müssten neben den Bussen auch die Radfahrer aus der Fußgängerzone verschwinden. Ähnlich, wie es am Max-Josefs-Platz der Fall ist. Die Busse könnten – wenn es sich denn umsetzen ließe – über die Herzog-Otto-Straße umgeleitet werden. Im Moment sei die Situation aber vor allem gefährlich. Auch, weil die Fußgängerzone nicht als solche erkennbar ist.

„Es fehlt ein Gesamtkonzept“

„Es fehlt ein Gesamtkonzept“, sagt er. Es brauche Cafés, eine Lösung für den Verkehr und einen anderen Bodenbelag. „Alles muss aus einem Guss kommen, dann wird die Fußgängerzone auch angenommen“, ist er überzeugt. Bis dahin sei es aber kein Beinbruch, den Versuch abzubrechen.

Das unterstreicht auch Andreas Kohlberger, Fraktionsvorsitzender der AfD. „Die Fußgängerzone wird von den Bürgern nicht so angenommen wie erhofft“, sagt er auf OVB-Anfrage. Aus diesem Grund sei es durchaus richtig, erst den Salin-garten aufzuwerten und die Fußgängerzone anschließend wieder einzurichten – mit Sitzmöglichkeiten, Bäumen und ohne jeglichen Verkehr.

Aufwertung des Salingartens im Fokus

Für eine Aufwertung des Salingartens macht sich auch Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD stark. Erst im Anschluss daran wäre die Einführung einer Fußgängerzone sinnvoll. „Im Moment wird die Fußgängerzone nicht angenommen“, sagt er. Die Fußgänger würden nach wie vor nur die Gehwege benutzen. Um die Akzeptanz zu steigern, brauche es eine bauliche Veränderung. „Wir halten weiterhin an der Fußgängerzone fest, aber eben an einer, die den Namen auch verdient“, fügt er hinzu.

Während CSU, AfD und SPD sich also auch weiterhin dafür einsetzen, die Fußgängerzone vorerst aufzuheben, wollen Grüne, Freie Wähler/UP, FDP und ÖDP daran festhalten.

Und die Anwohner? Zumindest Bettina Pan hat hierzu eine deutliche Meinung. Ihr gehört eines der Häuser an der Münchener Straße. „Ich persönlich finde die Fußgängerzone hervorragend“, sagt sie am Telefon. Der Abschnitt sei belebt, zudem bliebe den Anliegern nun endlich der Autoposer-Lärm erspart.

Ein Problem im Moment sei die Tatsache, dass sich einige Busfahrer nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit halten würden. Hier müsste nachjustiert werden. Zumal sie sich eine Umleitung nur schwer vorstellen kann.

Münchener Straße
als Umgehung?

„Ich würde es schade finden, wenn die Fußgängerzone aufgehoben wird“, sagt sie. Aber gleichzeitig kann sie durchaus nachvollziehen, wenn der Versuch für eine kurze Zeit unterbrochen wird. Nämlich dann, wenn die Bauarbeiten in der Prinzregenten- und Königstraße anstehen. „Die Münchener Straße wird als Umgehungsstraße gebraucht“, ist sie überzeugt.

Auch in der jüngsten Sitzung kam diese Idee zur Sprache. Zum Unverständnis von Robert Multrus. „Die Anlieger bekommen also jetzt statt einer ruhigen Fußgängerzone nach den Vorstellungen der Verwaltung die Umleitung des Durchgangsverkehrs. Das kann es einfach nicht sein.“

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