München – Wenn man ganz korrekt ist, dann sind es noch 229 Tage. Verträge in der Fußballbranche gelten ja stets bis 30. Juni, auch wenn der letzte Arbeitstag eines scheidenden Profis oder Trainers natürlich schon weit vor diesem Datum liegt. Auch bei Jupp Heynckes ist das so, und es gibt drei Möglichkeiten. Entweder seine vierte und höchstwahrscheinlich letzte Amtszeit beim FC Bayern wird am 19. Mai enden, wenn der FC Bayern zum Bundesliga-Finale den VfB Stuttgart empfängt – dann wären es ab heute noch 180 Tage Arbeit. Oder aber beim DFB-Pokalfinale eine Woche später in Berlin – dann wären es 187. Bestenfalls sagt er erst in Kiew „Auf Wiedersehen“, wo am 26. Mai das Finale der Champions League ausgetragen wird. Definitiv steht fest: Maximal noch 194 Tage – dann ist Schluss.
Der 72-Jährige hat seit seinem Amtsantritt vor gut einem Monat schon oft davon gesprochen, dass er eine Vertragsverlängerung nicht in Erwägung ziehe. Aber bei einem Mann, der zu Uli Hoeneß bei dessen erstem Anruf nach der Entlassung von Carlo Ancelotti gesagt hat „Nein, ich mache das nicht“, weiß man ja nie. Heynckes war ja kurz nach diesem Telefonat doch für eine Überraschung gut, warum sollte er nicht auch für die nächste gut sein? „Nein, das ist ausgeschlossen“, sagte er nun der „Welt am Sonntag“. Worte, die sich so lesen, als seien sie endgültig.
Was Heynckes da im Moment in München macht, ist ein Freundschaftsdienst. Er spricht davon, dass er in den Gesprächen mit seinem alten Freund Hoeneß schnell gemerkt habe: „Du kannst nicht absagen. Das geht nicht.“ Zwar sei ihm klar gewesen, dass eine „Sisyphus-Aufgabe“ vor ihm liege, aber man dürfe „in unserem Beruf kein Kurzzeitgedächtnis haben“. Er will dem Verein zurückgeben, was er einst mitgenommen hat: „Wäre ich nicht Trainer bei Bayern gewesen, wäre ich nicht zu Bilbao gekommen. Und später nicht zu Real.“
Es ist ja auch nicht so, als würde Heynckes die alte, neue Aufgabe nicht erfüllen. Die eine Woche Auszeit – als „Hausmann“ – daheim in Schwalmtal haben ihm zwar gutgetan, er kehrt aber nun auch gerne und mit viel Elan zurück. An der Säbener Straße warten Aufgaben auf und neben dem Rasen – denn Heynckes will die Transferpolitik von Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge beratend unterstützen. „Ich werde sagen, was ich machen würde. Und ich glaube auch, dass die Verantwortlichen auf meine Meinung Wert legen“, sagte er. Dennoch müsse die Idee am Ende „mit Leben gefüllt werden“.
Wie leicht das geht, macht Heynckes im Moment vor. Er empfiehlt dem Klub daher „einen Ruhepol“ als Trainer, einen Mann, „der unaufgeregt agiert“. Er merke das an sich selber: „Auch wenn ich nach wie vor ehrgeizig, fokussiert und perfektionistisch bin – mich kann nichts mehr umhauen.“ Mindestens 180 Tage wird er noch standfest bleiben.