München – Zur Abwechslung stand beim TSV 1860 gestern das Sportliche im Mittelpunkt, kurzzeitig zumindest. Der Grund, den vor allem Daniel Bierofka herbeigesehnt hatte: Michael Görlitz ist in der Stadt, erklärter Wunschspieler des Löwen-Trainers.
Zunächst unterzog sich Görlitz, 30, dem vorgeschriebenen Medizincheck. Ist ja auch erst sechs Monate her, dass der vereinslose Mittelfeldspieler einen Riss der Achillessehne erlitten hatte. Für den Abend war dann die Unterschrift unter einen Vertrag mit eineinhalb Jahren Laufzeit vorgesehen (plus Option bis 2020). Den wesentlichsten Beitrag, um die Hängepartie zu beenden, hatte Michael Scharold in den Tagen zuvor geleistet. Da nämlich hob der neue Geschäftsführer das Gehalt des früheren Zweitligaspielers so an, dass jetzt beide Seiten damit leben können.
Das war’s dann aber auch schon mit guten Nachrichten. Ansonsten ging es auch gestern darum, dem Staub Herr zu werden, den der „kicker“ mit seinem Enthüllungsbericht aufgewirbelt hatte. Die Überschrift des zweiseitigen Artikels vom Montag scheint von zeitloser Gültigkeit zu sein: ,Monate der Absurdität’.
Unter anderem wurde im Fachblatt aus einer internen E-Mail zitiert, in der Verwaltungsrats-Chef Markus Drees eine „Politik der Nadelstiche gegen (Hasan) Ismaik“ beschreibt. Eine Reaktion darauf kam gestern nicht von Drees selbst – sondern von Sascha Königsberg, dem stellvertretenden Vorsitzenden des zuletzt geschrumpften Verwaltungsrats. Es war eine Pressemitteilung, in der das Gremium nicht die Botschaft an sich abmilderte – sondern seine Empörung darüber äußerte, dass der brisante Inhalt den vertraulichen Kreis verlassen und Eingang ins Postfach der Nürnberger „kicker“-Redaktion gefunden hat.
Wörtlich heißt es: „Aus den Reihen der aktuell amtierenden Verwaltungsräte hat niemand den im kicker zitierten vertraulichen E-Mail-Verkehr an Dritte weitergereicht; allerdings ist nicht auszuschließen, dass die vom November 2017 stammende E-Mail von der damaligen Besetzung des Verwaltungsrats an Dritte verbreitet wurde. Der Verwaltungsrat kennt jedoch mittlerweile den Urheber des Vertrauensbruchs. Die Quelle der Information konnte zugeordnet werden.“
Gemäß dieser Darstellung kommen folgende Räte nicht in Frage: Drees und Königsberg selbst, Verena Dietl, Klaus Leipold, Robert von Bennigsen, Nicolai Walch und Sebastian Seeböck. Alle sitzen schließlich weiterhin in diesem Gremium. Ausgeschieden sind lediglich: Saki Stimoniaris, Betriebsrats-Chef von MAN; ein treuer Löwen-Freund, der auch mal Interesse am Präsidentenamt hatte. Und zuletzt Richard Ostermeier, 60er-Stadion-Hardliner aus Wasserburg; einer, der den aktuellen Kurs des e.V. eher mitträgt. Beide Ex-Räte verzichteten gestern auf eine Stellungnahme.
Viele Fragezeichen also und nur eine Gewissheit: Maulwurf-Affäre und Nadelstich-Mail werden den Klub noch eine Weile beschäftigen. Nach Lage der Dinge könnte die Sache ziemlich schmutzig enden. „Der Verwaltungsrat behält sich juristische Schritte gegen den Urheber vor“, heißt es in der Pressemitteilung. Das Schreiben schließt mit einer Ankündigung, die wie ein Schwur klingt: „Weitere Indiskretionen aus unserem Gremium können ausgeschlossen werden.“
Andere Indiskretionen nicht: Ein Löwen-Fan spielte der „tz“ ein Foto zu, das Stimoniaris nach dem Rückflug aus Abu Dhabi zeigt – an der Seite von Mutaz Sabbagh, Ismaiks Dolmetscher. Sabbagh wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern, Stimoniaris war auch in dieser Angelegenheit nicht zu erreichen.