Pyeongchang John Coates stand die Anstrengung ins Gesicht geschrieben. Es gebe „wieder neue Fälle“, stöhnte der CAS-Präsident bei der IOC-Session in Pyeongchang. Angeführt von Shorttrack-Idol Wiktor Ahn und Biathlon-Star Anton Schipulin wollen 32 gesperrte russische Athleten vor dem CAS ihren Start bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang doch noch erzwingen.
Kurz vor der Eröffnungsfeier am Freitag gerät der Internationale Sportgerichtshof CAS immer mehr in Zeitnot. Die Begründungen der letzten Russland-Urteile sind noch nicht veröffentlicht, da geht es schon in die nächste Runde. Die Anhörungen wurden heute terminiert, im Anschluss sollen die Urteile „so schnell wie möglich“ bekannt gegeben werden.
Zu den 32 russischen Athleten, die wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Richtlinien bei den Heimspielen 2014 in Sotschi keine Einladung erhalten haben, gehören auch der Eistanz-EM-Dritte Iwan Bukin, Ski-Langläufer Sergej Ustjugow und Eisschnellläufer Ruslan Muraschow. Das IOC hatte 43 russische Athleten wegen Doping-Vergehen in Sotschi lebenslang von Olympia ausgesperrt. 42 von ihnen gingen in Berufung und zogen vor den CAS. Der Gerichtshof hob die Sperren in 28 Fällen auf. Das IOC weigerte sich jedoch bislang, Einladungen auszusprechen. Gegen diese Haltung gehen die russischen Athleten nun vor.
Ahn ist bereits zur Symbolfigur des russischen Widerstandes geworden. Der 32- Jährige ist in Seoul geboren und hatte für Südkorea 2006 in Turin drei Goldmedaillen gewonnen. 2011 erhielt Ahn die russische Staatsbürgerschaft und gewann 2014 in Sotschi wieder dreimal Gold und einmal Bronze.
Staffel-Olympiasieger Schipulin ist immer noch der beste russische Skijäger. Die Teilnahme des 30-Jährigen wäre für die vom deutschen Trainer Ricco Groß betreute Mannschaft enorm wichtig. Bislang liefen die russischen Biathleten in der Saison hinterher.
Man darf gespannt sein, wie der CAS entscheidet. Nach dem letzten Urteil hatte es Ärger gegeben. IOC-Präsident Bach war irritiert, dass der Gerichtshof die lebenslangen Sperren von 28 russischen Athleten aufgehoben hatte und kündigte Veränderungen an. Auf der Session bestätigte Bach das Ziel, die Position des IOC im Anti-Doping-Kampf zu stärken.
In der Session entwickelte sich eine lebhafte Debatte über den Kurs des IOC in der Russland-Frage. Nach dem Doping-Skandal von 2014 hatte das IOC 169 sauberen russischen Athleten erlaubt, in Pyeongchang unter olympischer Flagge anzutreten. Die Vollversammlung des IOC unterstützte die Maßnahmen und sprach sich bei einer Abstimmung mit nur zwei Enthaltungen für den Weg der IOC-Spitze in der Russland-Krise aus.
Allerdings gab es auch harte Kritik. Für IOC-Veteran Richard Pound war die Strafe gegen Russland zu lasch. Man müsse sich fragen, wie der Ringeorden außerhalb seiner eigenen Welt wahrgenommen werde. „Ein großer Teil der Welt glaubt, dass das IOC versagt habe und saubere Athleten fallen gelassen hat“, sagte Pound, der ehemalige WADA-Präsident und dienstältestes IOC-Mitglied.
Bach entgegnete Pound mit einer Anekdote über eine Begegnung im Olympischen Dorf. Beim Essen habe ihn ein Athlet aus Pounds Heimatland Kanada spontan angesprochen. „Er hat sich bei mir dafür bedankt, was das IOC im Kampf gegen Doping alles getan hat“, berichtete Bach.
Für Adam Pengilly, neben Pound einer der schärfsten Kritiker im IOC, klingen solche Sätze wie Hohn. „Ich gebe nur zwei Dinge zu bedenken“, sagte der Brite und stichelte mit Blick auf die lasche Strafe gegen die Russen: „Ein Dopingsünder wird in der Regel vier Jahre gesperrt, nicht zweieinhalb Monate.“