Richtig blöd gelaufen

von Redaktion

Nur Rang acht: Deutsche Biathlon-Frauen erleben in der Staffel ein Desaster – Hönig verärgert

VON ARMIN GIBIS

Pyeongchang – Es schien, als triebe der Wind ein tückisches Spiel. Immer wieder wirbelte er den Schnee zu dichten Wolken auf, fiel böig in den Schießstand ein, blies das Klassement ständig durcheinander – und fegte die deutsche Frauen-Staffel im hohen Bogen vom Schild der Gold-Favoritinnen. Sieben der letzten acht Team-Wettbewerbe hatten die DSV-Damen gewonnen, bei Olympia wurden sie abgeschlagen nur Achte. Ein Desaster. „Das Rennen ist von Anfang an an uns vorbeigelaufen. Wir haben unseren Frieden mit der olympischen Staffeln nicht machen können“, sagte Bundestrainer Gerald Hönig.

Auf dem Podest fand sich in dieser windigen Nacht ein Trio wieder, mit dem nicht zu rechnen war. Gold ging an Weißrussland, dessen Schlussläuferin Darja Domratschewa sich von Rang 4 auf 1 vorkämpfte. Für Schweden rettete Hanna Öberg, die als Achte in die Loipe gegangen war, noch Silber, für Frankreich blieb trotz 14 Schießfehlern immerhin Bronze. „Da hätte man viel Geld gewinnen können, wenn man auf diesen Einlauf gewettet hätte“, meinte Hönig.

Dem Thüringer stand der Ärger über den miserablen Auftritt seines, wie er sagte, „erfolgsverwöhnten“ Quartetts ins Gesicht geschrieben. Von Schießen zu Schießen machte er immer mehr eine Miene, als würde er Zitronen zerkauen. Franziska Preuß, Denise Herrmann und Franziska Hildebrand leisteten sich je eine Strafrunde, die Deutschen lagen früh aussichtslos zurück. Was Hönig sehr missfiel. „Wenn wir um Medaillen mitlaufen wollen, müssen wir solche Bedingungen beherrschen. Anderen Athletinnen ist das auch gelungen.“ Als Beispiel nannte er die Italienerin Dorothea Wierer: „Die ist mit 1:20 Minuten ins Stehendschießen und als Erste herausgekommen.“

Die einzige positive Ausnahme war Schlussläuferin Laura Dahlmeier, die sich als Elfte auf die Verfolgung machen musste. „Laura lieferte ein gutes Rennen“, sagte Hönig, „aber sie konnte nur noch Schadensbegrenzung betreiben.“ Für die weltbeste Biathletin gibt es sicher vornehmere Aufgaben. „Ich habe bis zum Schluss daran geglaubt, das Unmögliche doch noch möglich zu machen“, erzählte die Doppel-Olympiasiegerin, die nur einmal vorbeischoss: „Aber da war nichts mehr auszurichten.“

Symptomatisch für das ganze Rennen war ein Malheur von Startläuferin Franzi Preuß. Die 23-Jährige glaubte, liegend das Ziel verfehlt zu haben und lud nach, obwohl sie alle fünf Scheiben getroffen hatte. „Ich kann es mir nicht erklären. Für mich war es ein Fehler – es war aber ein Randtreffer, der langsam fiel“, sagte sie. Immerhin repetierte Preuß die Patrone aus der Waffe. Andernfalls wäre eine Disqualifikation fällig gewesen.

Doch der frühe Schrecken wirkte sich offenbar auf den Stehendanschlag aus. „Das mit dem Liegendschießen hat mich aus dem Konzept gebracht. Dann ist der Schneefall dazu gekommen, der Wind am Schießstand, die Anspannung. Ich habe es auch vom Kopf her nicht mehr kontrolliert gekriegt“, erzählte die Oberbayerin. Ihr Auftritt erinnerte stark an die Spiele 2014 in Sotschi, als sie als Startläuferin früh stürzte und ihr Team um alle Chancen brachte. „Es ist megabitter für’s ganze Team“, sagte Preuß gestern.

Nicht viel besser erging es Denise Herrmann, die sich stehend eine Strafrunde einhandelte: „Ich hab mich hingestellt und gewusst, jetzt brauchst du gar nicht losschießen. Ich habe dann kurz die Augen zugemacht – aber irgendwann musste ich mal anfangen.“ Franziska Hildebrand, die nach dem Rennen mit eisiger Miene wortlos verschwand, verfehlte liegend vier Scheiben. Dahlmeiers Fazit: „Es ist für alle Vier eine richtig blöde Situation. Da geht es keiner so gut damit.“

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