Monaco – Monte Carlo ist im Winter ziemlich verwaist. Die Reichen und Schönen dieser Welt sowie der Adel schauen erst in der Saison vorbei, das Sehen und Gesehen werden im mondänen Fürstentum hat Pause. Monte Carlo hat erst wieder etwas zu erzählen, sobald die Sonne die Cote Azur erwärmt und sich Nobelkarosse um Nobelkarosse die Hänge hinunter zum Meer schiebt. Dabei gäbe es auch jetzt viel zu erzählen. Die Monegassen erleben aktuell Außergewöhnliches: es schneit.
Je nachdem, wen man fragt, ist das letzte Mal, dass das Fürstentum weiß überzuckert wurde, zehn Jahre her oder 15 oder 25. Auf jeden Fall schon lange. Die Monegassen freuen sich, und auch die Organisatoren der Laureus Awards haben heuer dank der Wetterkapriolen so neue Motive geliefert bekommen. Wie schon vor einem Jahr werden die Sport-Oscars heute Abend in Monaco vergeben. Gestern präsentierten einige Botschafter der Stiftung wie Boris Becker, Cafu oder Raul im nahen Nizza ein Kinderprojekt. Sie tollten vor dem Stadion „Riviera“ herum, während die Flocken pittoresk hinabsegelten. Ein schönes Bild: so eine Ehrung wie die Laureus Awards hat stets auch etwas vom Blick in die viel zitierte Glaskugel (bis gestern Abend um Mitternacht lief die Abstimmung). Heuer gibt es die Trophäen nun eben in einer Schneekugel. Das hat was.
Wer hat die besten Chancen, eine der stilisierten Athletenfiguren nach Hause zu tragen? Roger Federer spekuliert auf einen Coup, offensichtlich: Der Schweizer sagte jüngst seine Teilnahme an den Dubai Open ab, um heute in Monaco anwesend sein zu
Tennis-Star Federer in zwei Kategorien – und auf Rekordkurs
können. Smoking und Fliege statt Shorts und Schläger. Die Tennis-Ikone, die bisher vier Mal in der Kategorie „Sportler des Jahres“ gekürt wurde, hat heuer sogar zwei Sieg-Optionen. Denn Federer wurde auch als „Comeback des Jahres“ nominiert. Würde er bei den Männern gewinnen, würde er alleiniger Rekord-Champion. Momentan teilt er sich die Spitzenposition noch mit dem zurückgetretenen Sprint-Star Usain Bolt, der auch im letzten Jahr ausgezeichnet wurde. Ebenfalls gute Chancen rechnen sich heuer als „Sportler des Jahres“ Weltfußballer Cristiano Ronaldo, Tennis-Konkurrent Rafael Nadal und Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton aus. Aber Federer, das ist gewiss, wird heute wohl auf keinen Fall leer ausgehen.
Bei den Frauen, bei denen im Vorjahr Simone Biles ausgezeichnet wurde, stehen in diesem Winter Katie Ledecky, Serena Williams und Allyson Felix ganz oben auf der Liste der Favoriten. Aus deutscher Sicht halten sich die Abgesandten heuer in überschaubaren Grenzen. Im Vorjahr war noch Angelique Kerber im Kandidatenkreis, ging aber leer aus. Für ihre Leistungen 2017 halten nur der Behindertensportler Markus Rehm und das Formel-1-Team von Mercedes die deutschen Farben in Monaco hoch. Letztes Jahr konnte sich Nico Rosberg noch als „Durchbruch des Jahres“ feiern, doch der Formel-1-Pilot, der in Monaco lebt, fährt ja nicht mehr.
Anlässlich der Preisverleihung wurde gestern der neue Slogan der Laureus Stiftung vorgestellt: „Change the game for Kids“ soll darauf hinweisen, dass jeder eingeladen ist, sich an einer Verbesserung der Situation von Kindern auf der ganzen Welt zu beteiligen. Die Awards sind ja nur eine Gala, doch die Kernarbeit der Stiftung findet an jedem der 365 Tage im Jahr statt, in Projekten rund über den ganzen Globus verteilt. In 48 Ländern engagiert sich Laureus, neu hinzu kamen zuletzt Mexiko, Indien und Taiwan. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist Laureus aber genauso aktiv, obwohl man hier in der Regel privilegierter lebt. Es sind Länder, in denen es beides gibt: benachteiligte Kinder wie Schneeflocken.