München – Am Sonntag in Freiburg, da hat Jupp Heynckes einen Satz gesprochen, der eigentlich alles aussagte, was in den vergangenen Wochen und Monaten von so gut wie jedem – außer dem Bayern-Trainer selbst – infrage gestellt wurde. „Das ist ja sicher die letzte Begegnung von uns beiden“, sagte er in Richtung seines Kollegen Christian Streich und ließ nicht mehr viel Raum für Spekulationen. Dass Streich nicht sein Nachfolger in München wird, ist jedem klar. Also hießen die Worte des 72-Jährigen übersetzt: Ich bin im Sommer weg.
Dass das so kommen dürfte, hat man auch in der Chefetage an der Säbener Straße inzwischen zähneknirschend hingenommen. Die Charmeoffensive ist verstummt, die Suche nach einem Nachfolger wurde in den vergangenen Wochen intensiviert. Wohl noch im März, spätestens im April soll der neue Bayern-Trainer bekannt gegeben werden. Heynckes, der seinen Vertrag für die aktuelle Saison erst vor wenigen Wochen unterschrieben hat, sagte nun der „Sport Bild“: „Ich habe immer gesagt, ich mache das bis zum Saisonende, und dann müsst ihr sehen, wie es weitergeht.“ Diese Vereinbarung stehe seit Oktober – und er sei einer, der „dafür ist, dass man sich an klare Fakten hält“. Kein klares Nein, aber eine klare Tendenz.
Die hohen Herren im Klub – allen voran Präsident und Heynckes-Freund Uli Hoeneß – hatten ja bekanntlich vor diversen Kameras versucht, ihren Jupp doch noch mal umzustimmen. Die Gedankengänge waren logisch, man kann es niemandem verübeln, den geeignetsten Mann zum Weitermachen überreden zu wollen. Über die Stilfrage aber ließ sich streiten. Auch Heynckes gab nun zu, unter anderem die Fan-Abstimmung, die Hoeneß vor Weihnachten anberaumt hatte, „nicht ganz glücklich“ gefunden zu haben. Aber so sei er halt, „der Uli: Er hat eben in diesem Moment Träume. Aber: Nicht jeder Traum geht in Erfüllung.“
Neun Spiele in der Bundesliga, maximal zwei im DFB-Pokal, optimal sechs in der Champions League sind es also wohl noch, bis Jupp Heynckes seine Karriere mal wieder – und diesmal wohl endgültig – beenden wird. Er geht dann zurück nach Schwalmtal, auf seinen Bauernhof, zu seiner Frau Iris und seinen Tieren. Was aber nicht heißt, dass ihm die Zukunft dieses Klubs nicht am Herzen liegt. In die Kaderplanung sei er einbezogen, weil Sportdirektor Hasan Salihamidzic seine Meinung gerne hört („ich finde das klug“), und auch bei der Trainerfrage hat er unmissverständlich skizziert, was der neue Mann mitbringen muss, um in München zu bestehen: „Erfahrung, sportliche Kompetenz, Menschenkenntnis, zum richtigen Zeitpunkt auch Souveränität und Gelassenheit.“
Nicht alle, aber einige dieser Kompetenzen sieht Heynckes bei den gehandelten Kandidaten Julian Nagelsmann („riesiges Trainer-Talent, aber eben erst 30 Jahre alt“), Niko Kovac („erst mal international spielen“), Ralph Hasenhüttl („Trainingssteuerung bei gleichzeitiger internationaler Belastung – das muss man erlernen“) als noch nicht genug ausgeprägt an. Nur lobende Worte hingegen findet der Altmeister unter den deutschen Trainern für Thomas Tuchel. Heynckes vielsagendes Fazit: „Ich denke, dass Thomas Tuchel die Qualität hat, auch einen FC Bayern zu trainieren.“
Als im Herbst Not am Mann war, kamen der ehemalige Dortmunder Coach und die Bayern nicht zusammen. Heynckes aber sieht die angeblich schwierige Sozialverträglichkeit des 44-Jährigen als unwichtig an. Was zähle, sei: „Seit Tuchel weg ist aus Dortmund, hat der Verein nicht mehr einen so tollen Fußball gespielt.“ Mit Blick auf die Erfolgsleiter – aus der Mainzer Jugend zum BVB – wirkt Tuchel wie ein würdiger Nachfolger. Wie einer, den Heynckes abgenickt hat.
So oder so wird Hoeneß sich nicht mehr – wie angekündigt – „ziemlich nackt“ vor Heynckes stellen müssen. Das wäre vergebene Liebesmüh – und mal ehrlich: „Das wollen wir doch alle nicht wirklich.“