München – Danny Schwarz ist grau geworden. Das fällt auf, wenn man sich an ihn als Spieler erinnert, damals, Anfang der 2000er Jahre in Unterhaching oder später beim TSV 1860 und der zweiten Mannschaft des FC Bayern. Aber grau meliert ist ja schick, und bis auf die Haarfarbe hat sich nichts verändert; schlankes Gesicht, drahtiger Körper – mit 42 Jahren sieht er so aus, als könne er locker noch mitkicken. Macht er auch ab und zu, nur in neuer Rolle: Er bildet inzwischen die Talente des FC Bayern aus. Aktuell coacht der Ex-Profi die U 16.
Erst kürzlich wurde sein Team beim erstmals organisierten FC Bayern Campus Cup hinter dem VfB Stuttgart Zweiter. Im Halbfinale schlugen die jungen Platzherren den Nachwuchs von Manchester United, und Schwarz war trotz des 2:3 im Endspiel zufrieden. „Mit dem VfB, ManU und Salzburg war die Creme de la Creme im Jugendfußball da, und wir haben uns sehr gut verkauft“, sagt er. Das Turnier soll ein fixer Teil im Kalender werden.
Zuschauen empfiehlt sich immer, findet der Coach, seine Mannschaft sei nämlich sehr interessant, und die Leute gieren doch seit Jahren auf den nächsten David Alaba – warum also nicht mal überprüfen, wie lange die Wartezeit noch andauert? Juniorennationalspieler wie Lasse Günther, Leon Fust oder Torben Rhein sind Hingucker. „Wir haben sehr interessante Spieler in der Pipeline“, sagt Schwarz, der das genau weiß, denn wenn er ab und zu noch mitkickt, grinst er selbstironisch: „Da muss ich hellwach sein gegen die jungen Flitzer.“ Vergleiche zu seiner Zeit seien nicht mehr drin, „nullkommanull“. Früher gab es ja keine Nachwuchsleistungszentren, „die Jungs sind heute ganz anders ausgebildet“.
Es ist ein gemischtes Team mit einigen, die noch in der U 15 spielen könnten, für die aber ein weiteres Jahr eine Stufe tiefer verschenkt gewesen wäre. In der Bayernliga steht man top da; hinter der U 17 von Ingolstadt und der des TSV 1860 auf Platz drei – „was nicht selbstverständlich ist, weil wir ja immer gegen ältere Jahrgänge antreten“, erläutert Schwarz. Mit der Warterei auf den neuen Alaba sei das so eine Sache, findet er. „Mir kommt da immer zu kurz, dass wir auch einen Alessandro Schöpf bei Schalke ausgebildet haben – oder einen Emre Can, der spielt bei Liverpool.“ So mies ist das nicht, nur sind die Anforderungen in München nun einmal extrem. „Wir scouten sehr gründlich. Es ist ja nicht so, dass man in den Supermarkt geht und sich Top-Talente einkauft. In der Masse gibt es sie ja leider nicht.“
Aktuell hat eine europaweite Jagd auf Talente eingesetzt; Dortmund holte Jadon Sancho (16) für acht Millionen Euro, Leipzig engagierte zwei 16-Jährige – doch ob sich die Investitionen rentieren, ist fraglich „Momentan ist das halt ein Trend“, sagt Schwarz, aber es wurden schon viele als neuer Messi gefeiert, um dann abzutauchen. Freddy Adu zum Beispiel. „Er wurde als Wunderkind in den USA gepriesen – jetzt tingelt er in den Staaten in der Zweiten Liga. Ich weiß nicht, ob es so gut ist, in so jungen Jahren gleich mit so einem Riesenrucksack in der Branche aufzuschlagen.“ Er hilft da gerne, den Rucksack etwas leichter zu machen, damit das Talent nicht früh von der Last niedergedrückt wird.
Er macht sich viele Gedanken, wie die Stars von morgen heute optimal betreut werden. Wenn er manchmal die durchgetakteten Stundenpläne anschaut, kriegt er Lust auf Straßenfußball. Diese Mentalität droht nämlich auf der Strecke zu bleiben, wo sich alles immer mehr der Taktik unterordnet, von klein auf. „Wir sind nach der Schule auf den Bolzplatz: Kicken, bis es dunkel wird. Querbeet, egal wie alt. Ich denke, bei Philipp Lahm und Thomas Müller war es auch noch so“, sagt er. Manchmal ertappt er sich selber, dann sagt er sich: Taktik runterfahren, „einfach mal spielen lassen. Kreativität fordern. Freies Spiel ist bis zu einem gewissen Alter im Grunde durch nichts zu ersetzen.“
Man muss nur den Mix finden aus Vorgabe und Freiheit. Er hatte als Profi tolle Trainer, und bei Bayern hat er sie natürlich alle verfolgt: Pep Guardiola, Louis van Gaal, Carlo Ancelotti, jetzt wieder Jupp Heynckes. „Guardiolas Fußball hat mich fasziniert. Auf welche Details er geachtet hat – darauf hätte ich von mir aus nie geschaut.“ Aber man lernt ja nie aus. Die grauen Schläfen sollten da keinen täuschen – Schwarz saugt alles auf, hellwach und motiviert, wie einst als Jungprofi.