München – Rene Rudorisch weilte gerade bei der Eishockey-WM in Kopenhagen, als ihn am Mittwochnachmittag – vor der Weitergabe an die Öffentlichkeit – der Brief von Udo Weisenburger, dem Gesellschafter des SC Riessersee, erreichte. Mit der Botschaft: Der Traditionsklub zieht sich aus finanziellen Gründen aus der DEL2 zurück. Rudorisch ist der Geschäftsführer der zweiten Liga, die sich intensiv bemüht, eine Verzahnung mit der DEL hinzubekommen – im Klartext: eine Regelung über Auf- und Abstieg zwischen den beiden Ligen. Dabei hatte auch der SC Riessersee eine Rolle gespielt.
„Ja, ehrlich, ich war überrascht“, sagt Rene Rudorisch, auf den Inhalt des Weisenburger-Schreibens angesprochen. In Panik, was das große Ziel seiner DEL2 betrifft, verfällt er aber nicht. Sechs Vereine hatten Unterlagen einreichen müssen, damit die DEL2 ab der Saison 2019/20 einen festen Aufstiegsplatz bekommt – der SC Riessersee war einer von ihnen. „Stichtag war der 31. März“, sagt Rudorisch. Da waren die Garmisch-Partenkirchner noch im Spielbetrieb und auf Erfolgskurs (sie kamen in die Finalserie, die sie dann gegen Bietigheim verloren). „Die Riesserseer Bürgschaft ist gültig, sie liegt bereit“, erklärt Rudorisch. Es ist der dritte Anlauf der DEL2, mit der DEL ins Einvernehmen zu kommen. Und der letzte: Mehr Versuche sieht die Vereinbarung, die die beiden Ligen getroffen haben, nicht vor.
In einigen Wochen soll eine Entscheidung vorliegen, ob die DEL die Unterlagen aus der DEL2 akzeptiert. Als aufstiegswillig haben sich Frankfurt, Kassel, Bietigheim, Heilbronn und Dresden erklärt. Es geht um den Nachweis von Infrastruktur und Finanzkraft. Der SC Riessersee könnte sich, falls er die nächste Saison in der Oberliga bestreitet „und sportlich aufsteigt“, so Rene Rudorisch, wieder unter den Aspiranten auf die DEL einreihen.
Von solchen Träumen ist der Standort aber weit entfernt, die aktuelle Realität ist, was Weisenburger so beschrieben hat: „Nach drei Rettungen in Folge sind wir Gesellschafter leider nicht mehr in der Lage, diese finanzielle Bürde zu meistern.“ Er selbst habe „ohne jegliche Chance auf Rückentgelt 1,5 Millionen Euro ,gespendet’“. Es geht nun um „Konsolidierung in der Oberliga Süd“.
Riessersees Rückzug stellt nicht nur die DEL2 vor Probleme (sie braucht einen 14. Klub – und Oberliga-Meister Tilburg Trappers, Gastverein aus den Niederlande, genießt bisher kein Aufstiegsrecht), sondern auch den EHC München. Der Deutsche Meister kooperierte erfolgreich mit dem SCR, ließ seine jungen Spieler (Andy Eder, Jakob Mayenschein, Maximilian Daubner, Torwart Kevin Reich, früher sogar Dominik Kahun) für die Garmischer auflaufen, wenn der eigene Kader voll war. Auch SCR-Trainer Toni Söderholm kam aus dem Münchner Stall. Christian Winkler war das stärkste Bindeglied: Ehemaliger Torwart beim SC Riessersee, nun Geschäftsführer in München. Er nehme die „Entwicklungen beim Kooperationspartner mit größtem Bedauern“ zur Kenntnis.
Schnell sind erste Bewerbungen eingegangen von Clubs, die SCR-Nachfolger werden wollen. Problem: München bräuchte als Abnehmer einen DEL2-Verein, der nicht weit entfernt liegt. Ein Pendeln über Hunderte von Kilometern wäre zu aufwendig, der Austausch soll schnell erfolgen. Mit einem SC Riessersee in der Oberliga wird der EHC München nicht kooperieren, das Eishockey in der dritten deutschen Liga ist zu träge, um die Talente zu fordern. Die wären dann in der zweiten Mannschaft von Red-Bull-Mutterverein Salzburg in Österreichs Unterhaus, der Alps Hockey League, besser aufgehoben.