Schlaflos in Berlin

von Redaktion

Die Bayern wollen sich und Heynckes belohnen – auch genesener Müller hilft bei „Mission Double“

von hanna raif und andreas werner

Berlin – Die Nächte in diesem Münchner Hotel, das Jupp Heynckes nun acht Monate als zweite Heimat gedient hat, sie sind vorüber. Den letzten Schlaf vor diesem, seinem ultimativ letzten Spiel als Fußballtrainer hat der Bayern-Coach nobel in der Hauptstadt genossen. Im Berliner Hotel „The Regent“, mittendrin in der Metropole, ist der Bayern-Coach am Freitagabend aber mit denselben Gedanken ins Bett gegangen, die ihn schon die gesamte Woche über begleitet haben. Jeden Morgen, sagte der 73-Jährige, sei er aufgewacht und habe „gehofft, dass sich keiner über Nacht verletzt hat“. Er braucht seine Mannen für den letzten geplanten Coup seiner Karriere.

Angespannt hat man Heynckes in den letzten Tagen erlebt, hörte man von der Säbener Straße; Termine wurden lieber abgesagt, der Fokus dafür voll und ganz auf die Partie an diesem Samstag (20 Uhr) im Berliner Olympiastadion gelegt. Rund 30 Stunden vor dem Anpfiff dann wirkte der scheidende Trainer lockerer und entspannter, voller Vorfreude und Optimismus. Er mag die Atmosphäre in Berlin, das hat er schon auf dem Weg ins Finale – auf dem in Leipzig, Dortmund und Leverkusen drei Hochkaräter aus dem Wettbewerb geworfen wurden – mehrfach betont. Kurz vor dem finalen Auftritt im „deutschen Wembley“ sprach er nun von einem „Highlight in meiner Biographie“. Nicht mal er selbst könne genau sagen, wie viel „Wehmut aufkommen“ werde. Er hat all das zwar schon ein Mal hinter sich gebracht – aber aus Abschieden kann man freilich keine Routine machen.

Die Vorgabe ist klar: Heynckes will den krönenden Abschluss, das Team will diesen Pokal für den Trainer holen, der sie binnen acht Monaten von ihren Abwegen zurück in die Erfolgsspur lotste. Alles andere als ein Sieg in diesem Endspiel wäre eine Überraschung, wenngleich Heynckes ein Duell David gegen Goliath als realitätsfremd bezeichnete. Auch Mats Hummels geht davon aus, dass „nur eine Top-Leistung reichen wird“, um das erste Double seit 2016 zu holen. Der 19. Pokalsieg sei „eine schwierige Aufgabe“. Floskeln, die dazugehören. Weil man selbst durch das 1:4 gegen Stuttgart gewarnt ist – und davon ausgehen muss, dass die Eintracht sich anders präsentieren wird als beim 1:4 zuletzt in München. Trotzdem gab selbst Niko Kovac zu: „Wenn beide ihr Maximum erreichen, wird es sehr, sehr schwer für uns.“

Natürlich gehörte es auch schon am Vortag zu den Pointen der Partie, dass der Frankfurter Coach zwei Plätze neben seinem Vorgänger und Heynckes dementsprechend zwei neben seinem Nachfolger saß. Die simple Antwort auf die Frage, welchen Einfluss das auf den Verlauf des Spiels habe, gab Hummels: „Gar keinen.“ Kovac wirkte ungleich emotionaler als Heynckes, sprach von dem Wunsch nach „einem Abschiedsgeschenk“, davon, dass dieses letzte Mal „nicht einfach“ sei, weil er „auch nur ein Mensch“ sei. An der Tatsache, dass seine Arbeit beim FC Bayern erst nach Abpfiff beginne, ändert die Ausgangslage aber nichts.

Wie groß die Fußstapfen sind, in die er tritt, konnte der Kroate am Freitag mal wieder hautnah erleben. Heynckes verließ die Bühne im Blitzlichtgewitter, schüttelte Hände alter Weggefährten, brauchte Minuten, ehe er den Ausgang erreicht hatte. Hummels war da schon lange bereit zur Abfahrt. Der Abwehrspieler übrigens war auf der Pressekonferenz als Ersatzmann für Ersatz-Kapitän Thomas Müller eingesprungen – eine Tatsache, die gleich doppelt für sich sprach. Zum einen steht Manuel Neuer zwar erstmals seit September im Kader, wird aber nicht von Beginn an spielen (siehe Text unten). Zum anderen brauchte Müller nach überstandenem Magen-Darm-Infekt noch Schonung.

Anders als Arjen Robben, der wegen muskulärer Probleme ausfällt, sei der deutsche Nationalspieler laut Heynckes „vollständig wiederhergestellt“. Er blieb trotzdem lieber noch da, wo man am meisten Ruhe hat: Im Hotel. Eine Entscheidung seines Trainers – aus Erfahrung.

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