Was bringt man aus Eppan denn mit, wenn es in zwei Tagen auf die Heimreise aus dem Trainingslager geht? Das schönste Andenken wird sein: eine Seite aus den „Dolomiten“.
Dort wird in der Rubrik „DFB Intern“ Bezug genommen auf diese Kolumne – mit schmeichelhaften Worten. Da lese man „Geschichten, die mit dem Trainingslager zu tun haben und so spannend sind, wie es das Schicksal eines Manuel Neuer nie sein könnte“. Und diese Worte kriegt hier in Südtirol jeder mit. Die Dolomiten sind das wichtigste Medium, die Tageszeitung, die man haben muss. Mein Vermieter sagt: „Die Dolomiten sind die Bibel.“ Es ist eine Ehre, in der Bibel zu stehen. Es hat sich sogar ein bisschen ausbezahlt. Beim Bäcker beim Kauf eines halben Nussbrotes einen Nachlass bekommen – die Trainingslager-Akkreditierung war noch am Mann. Mit Name drauf.
Ist schön, wenn man als Reporter nicht nur andere erwähnt, sondern auch mal selbst erwähnt wird. Und dies geschieht noch ein zweites Mal. Im deutschen Trainingslager in Eppan ist auch ein Chinese. Qin Jouxia übergibt mit förmlicher leichter Verbeugung seine Visitenkarte: Er ist deutscher Fußball-Korrespondent von „Titan Sports“, der größten Sportzeitschrift in China. Und wenn etwas in diesem Riesenland das größte ist, dann hat es eine Auflage, für die man in Deutschland lange schreiben muss. Qin Jouxia will sich über den deutschen Fußball und die WM-Chancen austauschen. Gerne doch! Er hat vier Jahre in Deutschland studiert, kennt sich in der Bundesliga und der deutschen Länderspielgeschichte super aus. Auf seinem Smartphone zeigt er, wie ein aus einem solchen Gespräch entstehender Artikel in seiner Zeitung aussehen wird.
Eine erste Runde hat stattgefunden, eine zweite ist anberaumt. Und in ein paar Tagen werden zig Millionen lesen: Deutscher WM-Reporter rechnet mit Halbfinal-Aus, Deutscher WM-Reporter kritisiert Löw für Torhüterwahl, Deutscher WM-Reporter kündigt Torrekord von Müller an.
Dann wäre man ein Titan der Meinungsbildung. Günter Klein