Tauberbischofsheim – Anja Fichtel strahlt in die Kameras. Mit rechts, untergehakt bei Sabine Bau, präsentiert sie stolz ihre Goldmedaille, ihr linker Arm hält Zita Funkenhauser fest umschlungen. Das Foto vom legendären Dreifachsieg der deutschen Florettfechterinnen bei den Olympischen Spielen in Seoul ging 1988 um die Welt.
Doch selbst der größte Moment des deutschen Fechtsports ist für Fichtel, die heute 50 Jahre alt wird, nur noch eine Randnotiz aus längst vergangenen Tagen. Wo die Doppel-Olympiasiegerin von Seoul und fünfmalige Weltmeisterin ihre Medaillen aufbewahrt, weiß sie nicht mehr: „Ich habe keine Ahnung“, sagte sie: „Die Anja Fichtel von damals bin ich schon lange nicht mehr.“
Fichtel, die eine neue Hüfte eingesetzt bekommen hat und die Reha an ihrem Geburtstag beendet, hat sich vom Fechtsport enttäuscht abgewandt. Sie sagt: „Man hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Man weiß seit 20 Jahren, dass es abwärts geht, aber man hat alle Menschen, die Veränderungen wollten, weggebissen.“ Auch sie. Fichtel, die dreifache Mutter, ist sogar aus ihrem Verein ausgetreten. Sie hatte ihre Hilfe angeboten, man wollte sie aber nicht. „Mein Know-how bekommt der Fecht-Club Tauberbischofsheim nicht mehr“, sagt Fichtel: „Man muss dort mal wieder runter in den Keller, wo alles angefangen hat, damit man merkt, dass man ganz unten ist.“ sid