Tallinn – Cristiano Ronaldo und Zinedine Zidane werden bei Real Madrid bereits schmerzlich vermisst. Nach der Pleite im europäischen Supercup gegen Stadtrivale Atlético stellen sich die Anhänger des Champions-League-Seriensiegers die bange Frage: Sind der Weltfußballer und der Erfolgstrainers überhaupt zu ersetzen?
Spanische Medien schrieben von einer „Demütigung“ und einem „Untergang“ des Teams um Ex-Weltmeister Toni Kroos und Kapitän Sergio Ramos. „Ein Superatleti stürzt Real in Zweifel“, titelte die Madrider Fachzeitung „Marca“ nach der 2:4-Niederlage nach Verlängerung.
Es ist lange her, dass es zum Einstand eines Real-Trainers vier Gegentore setzte. Passiert war das zuletzt Héctor Scarone 1951. Zidane-Nachfolger Julen Lopetegui steht nun beim Liga-Auftakt am Sonntagabend im Santiago Bernabéu gegen den Madrider Vorortverein FC Getafe unter Druck.
„Wir sind frustriert und traurig. Aber wir müssen uns jetzt aufrichten, besser werden und auf jeden Fall einen guten Liga-Start schaffen“, sagte der 51-Jährige. Unter Druck gerät auch Clubboss Florentino Pérez. Die Medien und die Fans, die in den Cafés der Hauptstadt vor den TV-Geräten laut schimpften, fordern vom milliardenschweren Baulöwen Verstärkungen.
„Florentino, greif in die Tasche“ lautete die Überschrift eines Kommentars der Zeitung „AS“. In einer Online-Umfrage von „Marca“ forderten nach der Pleite in Tallinn 79 Prozent einen Topersatz für den für 112 Millionen Euro zu Juventus Turin gewechselten Ronaldo.
„Ja, Verstärkungen wären sicher willkommen“, erklärte Außenverteidiger Marcelo. Doch Lopetegui, der hinter den Kulissen einen Stürmer und einen Innenverteidiger verlangt haben soll, ist skeptisch. „Ich glaube nicht, dass der Club wegen eines einzigen Spiels seine Einkaufspolitik ändert“, sagte er nach dem insgesamt 216. offiziellen Madrider Stadtderby.
Real zog erstmals seit knapp 18 Jahren wieder den Kürzeren in einem großen Finale. Nach dem 1:2 gegen den argentinischen Spitzenverein Boca Juniors im November 2000 im Weltpokal hatten die Madrilenen 13 Endspiele in Serie gewonnen.
Für Atlético, das nach zwei Schlappen erstmals ein europäisches Finale gegen den Erzrivalen gewann, war es nach 2010 und 2012 der dritte Erfolg im Wettbewerb. Die Mannschaft um die französischen Weltmeister Antoine Griezmann und Lucas Hernández holte nicht nur einen Pokal, sondern tankte auch Selbstvertrauen für die kommenden Duelle des stets gefährlichen Underdogs gegen die ganz großen Clubs.
„Dieser Erfolg macht uns stärker“, sagte der gesperrte Trainer Diego Simeone, der das Spiel von einer Tribünenloge aus verfolgen musste. Doppel-Torschütze Diego Costa tönte: „Wir wollten schon lange Real in Europa schlagen. Das ist für das Selbstvertrauen und für die Saison sehr wichtig. Mit Arbeit und Bescheidenheit und natürlich auch mit Eiern können wir alles gewinnen.“
Was das Hauptziel ist, verriet Clubchef Enrique Cerezo: „Wir wollen unbedingt das Champions-League-Finale erreichen, das ja in unserem Stadion stattfinden wird.“