München – Ein Blick in das Gesicht von Daniel Bierofka reichte, um einzuschätzen, wie es um seine Nachtruhe bestellt war. „Gut geschlafen hab ich nicht“, gab der 1860-Trainer zu, verneinte aber die Frage, ob er seine Wachphasen dazu genutzt habe, das Derby noch mal auf Video nachzubearbeiten.
War nicht nötig aus seiner Sicht. Das Wesentliche vom 1:1 in Unterhaching hatte er auch so präsent. Bierofka hatte von seinem Team jenes kernige Auftreten bekommen, das er nach der Wehen-Pleite eingefordert hatte: „Da wäre ich auch nach einem 1:0-Sieg stocksauer gewesen.“ Er verzichtete auch darauf, die bei Fans beliebte Rechnung aufzumachen, wie viele Punkte den Löwen durch ihren Hang zu späten Gegentoren schon durch die Lappen gegangen sind: „Da gerätst du nur in eine Negativspirale.“ Stattdessen schienen seine Gedanken um einen Mann zu kreisen, der im echten Leben als Truppenarzt bei der Bundeswehr sein Geld verdient.
Die Rede ist von Robert Kampka aus Mainz, seit 2003 für den DFB an der Pfeife und meist in höheren Spielklassen aktiv. 63 Zweitligaeinsätze, 20 im Oberhaus (seit 2016). Ein erfahrener Mann, eigentlich. Am Mittwoch brachte Dr. Kampka aber das Kunststück fertig, es sich mit beiden Lagern zu verscherzen.
Aufseiten der Hachinger hatte man schon zur Pause geklagt, dass Kampka seine Gelben Karten arg einseitig verteilt. Markus Schwabl, der Präsidentensohn, trug diese Meinung ungefiltert beim Kollegen an der Seitenlinie vor – und wurde von diesem augenscheinlich gemaßregelt. Die Löwen dagegen schimpften nicht laut, nicht öffentlich. Sie verwiesen diskret auf die Expertise eines früheren FIFA-Schiedsrichters – auf der sonst wenig beachteten Seite liga3-online.de.
Babak Rafati, 2012 aufgrund psychischer Probleme zurückgetreten, kommt in seiner Analyse zum Ergebnis, dass sich Kampka in der Schlussphase eine Reihe fataler Irrtümer geleistet hat. Den ersten beim Elfmeter, über den Rafati urteilt: „Mölders geht im eigenen Strafraum zum Ball und trifft auch nur diesen. Hier einen Strafstoß zu pfeifen, ist eine Fehlentscheidung.“ Kampkas zweiter und letztlich folgenschwerer Fehler sei dann gewesen, das Handspiel des Ex-Löwen Stephan Hain vor dem Ausgleich durch Stefan Schimmer (90+1) übersehen zu haben: „Hain setzt klar den linken Arm ein, stoppt den Ball dadurch und leitet somit den Ausgleich ein“, analysiert der Ex-Referee und leitet daraus ab: „Der Treffer hätte nicht zählen dürfen.“ Stattdessen, so Rafati, hätte es direkten Freistoß für 1860 und Gelb für Hain wegen einer Unsportlichkeit geben müssen.
Mit zwei Punkten mehr auf dem Konto hätten die Löwen eine entspanntere Zeit, bis am Montag das nächste Derby ansteht. Fraglich fürs Würzburg-Spiel ist zudem Herbert Paul, der einen Brummschädel davontrug, nachdem ihn in der letzten Szene des Spiels ein Stollenschuh an der Schläfe getroffen hatte. Paul hat eine Erinnerungslücke davongetragen – ganz im Gegensatz zu Bierofka, der zumindest mit seinem eigenen Team im Reinen ist: „Wenn wir so spielen wie gegen Haching, dann wird sich jedes Team schwer gegen uns tun.“