Im Schneesturm verliert Vicky ihr rotes Trikot

von Redaktion

Kein Tag für Rebensburg: Die Titelverteidigerin verfehlt Podest in Sölden um 0,05 Sekunden

VON JÖRG KÖHLE

Sölden – Auch er hat es gerade noch rechtzeitig zum Start des ersten Ski-Rennens dieses Winters geschafft: Der Winter. Richtig ausgeschlafen war der Sportkamerad, hatte wochenlang der Sonne das Feld am Gletscher überlassen, aber dann pünktlich: Schneetreiben am Samstag, mit kräftig Wind dazu und trüber Bodensicht. Den Start für die Ski-Damen, damit es sie oben am Rettenbachferner nicht verbläst, verlegte man gleich nach unten an den Beginn des Steilhanges, womit nur noch eine Gesamt-(Sieger)Zeit von 2:00.51 Minuten übrigblieb. Wenigstens fand ein Skirennen statt. Und der Französin Tessa Worley konnte es bei ihrem ersten Sölden-Sieg auch herzlich egal sein, wenn andere mit den Verhältnissen mehr Mühe hatten als sie. Gesellschaft auf dem Sieger-Podest leisteten Federica Brignone (2./Italien) und Mikaela Shiffrin (3./USA).

Knapp daneben stand Viktoria Rebensburg, bei der sich die Stimmungslage auf Platz vier den Sichtverhältnissen leicht anpasste: Eingetrübt. Als Zweite des ersten Durchgangs hatte schon die Gelegenheit bestanden, ihren Sieg vom Vorjahr zu wiederholen, mit einem dritten Erfolg zu Sölden-Rekordsiegerin Tina Maze (Slowenien) aufzuschließen. Bei der Ausgangsposition zur Halbzeit „wäre es schon schön gewesen, auf das Podium zu kommen. Ich bin nicht zurecht gekommen mit den Verhältnissen“, gab Rebensburg nach dem Finale im Ziel zu, „ich habe teilweise die Schläge voll erwischt und es nicht so gut gemacht wie die Tessa.“ Am Ende fehlten der Gewinnerin des Riesenslalom-Weltcups der vergangenen Saison aufs Podium nur 0,05 Sekunden, auf Siegerin Worley aber doch 0,99 Sekunden.

Der zweite Durchgang (mit nur zwölftbester Zeit) war irgendwie vermurkst. Halb so wild, fand Alpinchef Wolfgang Maier: „Man hat gesehen, dass sie dabei ist. Man muss die Kirche im Dorf lassen, das ist kein Beinbruch. Es ist okay, passt schon.“ Rebensburg habe einen Fehler gemacht, „und das reicht auf dem Hang dann nicht“.

Ohne Rebensburg allerdings wäre – wie so oft seit einer gefühlten Ewigkeit – gar keine deutsche Dame im Endklassement untergekommen. Lena Dürr (Germering) fand sich mit Startnummer 38 bei natürlich noch schwierigeren Verhältnissen auch nur als 38. ein, verpasste den zweiten Lauf ebenso wie die Kolleginnen Veronique Hronek (Unterwössen/55.) und Andrea Filser (Wildsteig/60.). „Ich weiß auch nicht, was man mit denen machen muss, damit die mal ein bisschen mehr Courage zeigen“, sagte Maier, schon leicht angesäuert. Auf dieser Piste und bei diesen Verhältnissen, da brauche man Leute, „die das Risiko gehen wollen – und die sehe ich nicht“. Nicht bei den deutschen Ski-Damen. Der Alpindirektor darf weiter danach fahnden.

An Risikofreude mangelt es bei Viktoria Rebensburg keinesfalls, diese alleine aber reichte nicht am Samstag. „Es passiert mir selten, dass sich im zweiten Lauf mein Platz noch verschlechtert“, haderte die Kreutherin, sie habe doch erhebliche Probleme gehabt mit der Rumpelpiste: „Ich habe teilweise gemeint, es ist mein Ski aufgegangen, weil es sich so wackelig angefühlt hat unten an den Füßen.“ Die Ski blieben an den Füßen, aber später war auf einmal ihr Trikot weg. Das rote Trikot der Spitzenreiterin in der Sparte Riesenslalom, das musste sie abgeben an Siegerin Tessa Worley. „Das Rote Trikot hier zu lassen, tut a bisserl weh“, fand Rebensburg, schickte aber gleich freundliche Grüße rüber zur Französin: „Das hole ich mir zurück.“

Kein Podest, kein rotes Trikot mehr – wenn man diesem ersten Wintertag im Schneesturm am Gletscher wenigstens eine positive Kleinigkeit abringen wollte, dann diese: Mit ihrem vierten Platz hat sich Viktoria Rebensburg in schlanken 2:01:50 Minuten schon für die alpine Weltmeisterschaft im schwedischen Are (3. bis 17. Februar 2019) qualifiziert. Ruck-zuck. „Och, da können wir ja nur feiern heute“, sagte sie grinsend.

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