Riad – Der „Kampf auf den Dünen“ ist ein wüster Skandal. Gastgeber Saudi-Arabien feiert das größte Box-Spektakel des Jahres, für den Rest der Welt ist der Rückkampf zwischen Weltmeister Andy Ruiz jr. und dem entthronten Champion Anthony Joshua aber ein Spektakel am falschen Ort. Wenn die Schwergewichtler am Samstagabend (23 Uhr MEZ) in Dirijah, einem Vorort der Hauptstadt Riad, in den Ring steigen, verschwinden die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen des Königreichs im Schatten neben der von unzähligen Scheinwerfern erleuchteten, eigens errichteten Arena.
Und Strahlemann Joshua feuert die Propaganda mit naiven Aussagen zusätzlich an. „Es wird definitiv eine Nacht, von der die Leute ihren Enkeln erzählen werden. Es wird einer dieser ikonischen Boxabende. Die Zusammenarbeit mit den Leuten in Saudi-Arabien war hervorragend“, sagte der 30-Jährige und erklärte später: „Ich habe mich hier umgesehen und jeder sah glücklich und gelassen aus. Ich habe nichts Negatives gesehen.“
Joshuas Promoter Eddie Hearn ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der 100 Millionen Dollar teure Kampf in der Wüste steigt. So absurd es klingt: Der aktuelle WBO-, IBF- und IBO-Weltmeister sowie WBA-Superchampion Ruiz musste sich dem Diktat Hearns beugen. „Wir müssen in Saudi-Arabien antreten und uns nach den Anweisungen von Joshuas Promoter richten“, klagte Ruiz-Trainer Manny Robles. So musste Ruiz nach seiner Ankunft in Riad einen Zeitunterschied von 13 Stunden zu seiner Heimat Kalifornien verarbeiten. Beim Briten Joshua waren es nur drei. Trotz offensichtlicher Vorteile ist der einstige Klitschko-Bezwinger Joshua weit davon entfernt, als haushoher Favorit in den Kampf zu gehen. Das war beim ersten Duell Anfang Juni noch anders, als der als „Dickerchen“ verspottete Ruiz als Ersatzgegner eingesprungen war und Joshua im Madison Square Garden in der siebten Runde durch Technischen K.o. besiegt hatte.
Letztlich spielt es keine Rolle, wie der WM-Kampf ausgeht. Denn einer der Gewinner ist bereits im Vorfeld Saudi-Arabien. Das Land hat – wie zuvor andere Nationen – gezeigt, dass man sich Glanz und Gloria ohne Hinderlichkeiten einfach kaufen kann. dpa