München – Noch hat Max Schachmann die Hoffnung nicht ganz aufgegeben. Allerdings weiß auch der 26-jährige Radprofi, dass seine Chancen auf eine Teilnahme an der Frankreich-Rundfahrt nur noch gering sind. „Ich vermute, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich fahre. Zum Tour-Start wird der Bruch definitiv nicht verheilt sein“, sagte der Berliner.
Der deutsche Straßenmeister vom Team Bora-hansgrohe war am Samstag bei der Lombardei-Rundfahrt kurz vor dem Ziel unverschuldet mit einem Auto kollidiert und hatte sich bei dem Sturz das Schlüsselbein gebrochen. Die Verletzung wird derzeit konservativ behandelt. Vorerst heißt die Devise: abwarten. „Man muss einfach sehen, wie sich das Schmerzlevel entwickelt. Kann ich ohne Einschränkungen das Rad steuern und kann ich durch ein Schlagloch fahren ohne zu schreien oder habe ich schon riesige Schmerzen, wenn ich nach der Trinkflasche greife?“, sagte Schachmann. Die Tour de France beginnt wegen der Corona-Krise in diesem Jahr am 29. August in Nizza.
Im Hinblick auf die jüngste Sturzserie von Topfahrern forderte Schachmann ein grundsätzliches Umdenken in puncto Sicherheit. „Ich hoffe, dass der Druck wächst. Ich habe schon viele Male gedacht: Was wird hier mit uns gemacht?“, sagte der Paris-Nizza-Sieger der „Süddeutschen Zeitung“. „Ich habe den Verantwortlichen im Radsport mein volles Vertrauen geschenkt, und jetzt sitze ich hier zehn Tage vor der Tour de France mit gebrochenem Schlüsselbein.“
Auch Ralph Denk, Teammanager von Bora-hansgrohe, hat mittlerweile Verbesserungen im Hinblick auf die Sicherheitsmaßnahmen gefordert. „Meiner Meinung nach wälzt der Radsport-Weltverband UCI sehr, sehr viel auf die Veranstalter vor Ort ab.“ Verantwortlich für die Sicherheit seien allein die Veranstalter, sagte der Raublinger. „Wenn man das jetzt alles gesehen hat, kann man sich aber natürlich die Frage stellen, ob der ein oder andere Veranstalter mit dieser Aufgabe überfordert ist und ob er vom Weltverband in Sachen Streckensicherung Unterstützung braucht.“
Denk zog dabei einen Vergleich mit dem alpinen Ski-Weltcup. „Da hilft bei der Streckenabnahme der Weltverband schon deutlich mit und Verantwortliche der FIS geben die Strecke dann frei. Das ist vielleicht ein Ansatz.“ Der 46-Jährige merkte aber auch an: „Jede Hofeinfahrt, jedes Schlagloch abzusichern ist eine große Herausforderung. Solche Sachen wie beim Max dürfen nicht passieren, aber werden in Zukunft immer mal wieder passieren. Wir sind alles auch Menschen.“
Am Wochenende schwer gestürzt ist auch Emanuel Buchmann, Bora-hansgrohes große Tour-Hoffnung. Derzeit kann der Kapitän wegen eines enormen Hämatoms am Gesäß kaum gehen. „Bei Emanuel müssen wir jetzt von Tag zu Tag schauen und Entscheidungen treffen. Prellungen und Hämatome können natürlich auch super langwierig sein“, sagte Denk. Im Hinblick auf die Stürze (auch der wichtige Helfer Gregor Mühlberger ist angeschlagen), meinte der Bora-Teamchef: „Mit Blickwinkel auf unsere Mannschaft war es natürlich sehr bitter. Primär heißt es für uns: Wunden lecken.“ dpa/sid