München – Das Drehbuch könnte besser nicht sein. Ein paar Minuten, nachdem am Donnerstag in Budapest das Supercup-Finale des FC Bayern gegen den FC Sevilla abgepfiffen sein wird, feiert Karl-Heinz Rummenigge seinen 65. Geburtstag. Keine große Sache soll das sein. „Ich werde keine Party feiern“, verriet der Vorstandsboss gestern im dpa-Interview. Aber er sagt auch: „Idealerweise kommen wir mit dem Pokal zurück.“ Dann könnte er am Abend mit seiner Familie gleich doppelt anstoßen. Auf sich! Und auf den vierten Titel im Jahr 2020!
Zwar macht sich Rummenigge nichts aus dieser besonderen Zahl, aber gewissermaßen läutet das offizielle Rentenalter ja auch seinen Abschied beim deutschen Rekordmeister ein. Ende 2021 ist Schluss („Entscheidung unumstößlich!“), mit 66 Jahren also fängt das Leben dann richtig an. „Ich habe noch keinen konkreten Plan, was ich am 1. Januar 2022 machen werde. Aber ich habe auch keine Angst davor“, sagt Rummenigge. Ein Amt in einem Gremium schließt er aus, für einen Verband sei er zudem „völlig ungeeignet“. Der Mann, der dann 19 Jahre lang an der Spitze des höchsten Vereinsgremiums stand, will „einfach Fan“ sein. Und dabei zusehen, wie sich dieser – gewissermaßen sein – Club ohne ihn schlägt.
Die Weichen sind längst gestellt. Herbert Hainer ist als Präsident Uli Hoeneß nachgefolgt, der sich vor knapp einem Jahr zurückgezogen hat. Und Oliver Kahn steht als designierter Nachfolger Rummenigges längst in den Startlöchern. Der langjährige Boss hat „keine Bedenken, dass Oliver ein guter Vorstandsvorsitzender wird“, sieht die perfekte Einarbeitung seines Lehrlings aber als eine von drei großen Aufgaben, die in seiner gut 15-monatigen Amtszeit noch anstehen. „Ein großes persönliches Anliegen“ sei ihm das, klare Vorstellungen von der Weiterführung seiner Erfolgsarbeit hat er auch: „Er soll seine Ideen mit meinen Erfahrungen, die ich dann 20 Jahre als Vorstandsvorsitzender sammeln durfte, verquicken.“ Und „dann so fit sein, dass Bayern München weiter so erfolgreich in der Spur bleibt“.
Das ist in Krisenzeiten freilich keine leichte Aufgabe. Rummenigge will in dieser Saison mit seiner Expertise noch dafür sorgen, „dass wir sportlich erfolgreich bleiben“, den großen Erfolg aus der Vorsaison gelte es, „zu konservieren“. Zudem ist Kreativität gefragt, um die „wirtschaftlichen Folgen der Pandemie“ zu kompensieren. Seine Prognose mit Blick auf Einbußen im zweistelligen Millionenbereich: „Auch wir stehen vor einem finanziell herausfordernden Jahr.“ Rummenigge hofft, „finanziell mit einem blauen Auge davonzukommen“.
Die „Schmerzen für den gesamten Fußball in Europa“ werden immens sein. Der FC Bayern habe aber immerhin das Glück, sportlich in einem Rausch zu sein. Hansi Flick bezeichnet Rummenigge als „Glücksfall für den FC Bayern“, seine Beförderung war „ein Effekt, als wenn einer das Licht wieder eingeschaltet hätte“. Der Coach ist gewissermaßen dafür verantwortlich, dass Rummenigges Abschiedstournee schon jetzt von Erfolg gekrönt – und ein weiterer Titel zum Geburtstag drin ist. hlr