Hertha: Plötzlich ein verschworener Haufen

von Redaktion

Die Berliner gewinnen das Nachholspiel bei Schalke 04 und machen damit einen Riesenschritt Richtung Klassenerhalt

Gelsenkirchen – Pal Dardai hat die Unkenrufe noch gut im Ohr. „Viele haben gesagt: Jetzt steigt Hertha ab“, sagte der Trainer von Hertha BSC am Mittwochabend voller Genugtuung. Sein Team hatte gerade das vierte Spiel in zehn Tagen nach der Corona-Quarantäne ungeschlagen überstanden. Ohne jeden Glanz, aber mit Glück und Mentalität vollzogen die Berliner beim 2:1 (1:1) bei Absteiger Schalke den vielleicht entscheidenden Schritt zum Klassenerhalt.

Sechs Spieltage vor dem Saisonende hatte sich die hoch geflogene und tief gefallene Hertha komplett in Isolation begeben müssen. Und kam heraus mit der entscheidenden Besinnung auf Grundtugenden. Auf die Frage, ob in der Quarantäne ein Ruck durch die Mannschaft gegangen sei, antwortete Torwart Alexander Schwolow: „Ja. Genau so fühlt es sich an.“ Plötzlich laufe „jeder für den anderen. Wir sind eine verschworene Gemeinschaft geworden.“ Sein Trainer sieht das ähnlich. „In der Quarantäne hat sich etwas entwickelt“, sagte Dardai: „Jeder war für jeden da. Die Spieler haben gesehen, dass sie sich auf den Verein verlassen können. Und der Verein sieht, dass er sich auf die Spieler verlassen kann.“

Wer hätte das gedacht, dass der durch Investor-Millionen aufgepumpte Hauptstadt-Club am Ende als Kämpfer-Truppe das Schlimmste verhindern würde? Und das auch dank eines lange missachteten Eigengewächses. Denn das Siegtor am Mittwoch schoss Jessic Ngankam, gebürtiger Berliner und im Verein groß geworden. „Das ist ein sehr, sehr schönes Gefühl“, sagte der 20-Jährige: „Ich bin seit dem sechsten Lebensjahr hier. Ich bin ein richtiger Herthaner. Umso stolzer bin ich, der Mannschaft ein bisschen geholfen zu haben.“

Für Ngankam, der in der Hinrunde bei den Bayern getroffen hatte und dann lange in der Versenkung verschwunden war, freue es ihn „ungemein“, sagte Schwolow: „Das zeigt wieder: Du musst immer lauern. Irgendwann kommt dein Moment.“

Dass die Berliner bei einem Doppel-Pfostenschuss in der Nachspielzeit auch enorm viel Glück hatten, nahm Dardai als ausgleichende Gerechtigkeit hin. „Da hat uns der Fußball-Gott etwas zurückgegeben“, sagte der Ungar: „Ich weiß gar nicht, wie viele Sonntagsschüsse und Tore aus dem Nichts wir in dieser Saison bekommen haben.“

Vor den letzten beiden Spielen ist der Klassenerhalt für die Hertha nun greifbar nahe. Bereits durch einen Sieg am Samstag gegen den 1. FC Köln wären die Berliner mit dann 37 Punkten definitiv gerettet. Doch in Krzysztof Piatek und Dodi Lukebakio werden nach Jhon Cordoba und Matheus Cunha zwei weitere Offensivspieler fehlen. Piatek fällt mit einer Sprunggelenksverletzung aus, Lukebakio muss wegen seiner Gelb-Rote Karte pausieren.  dpa

Artikel 1 von 11