München – Roger Federer, Rafael Nadal, Serena Williams, Angelique Kerber – bei ihnen handelt es sich nicht um die neuen Mitglieder der „Tennis Hall of Fame“, sondern um Superstars, die für das Olympische Tennisturnier abgesagt haben. Für Ex-Profi Nicolas Kiefer, 44, wäre das nie infrage gekommen. Im Interview schildert er seine Begeisterung für Olympia.
Herr Kiefer, wie wichtig war für Sie als Tennisprofi die Olympia-Teilnahme?
Die Olympischen Spiele waren für mich absolute Höhepunkte meiner Karriere. Ich war bei drei Spielen dabei. In Sydney 2000, Athen 2004 und Peking 2008. Als Tennisspieler hast du jedes Jahr die Grand-Slam-Turniere, jedes Jahr die WM, aber Olympia ist eben nur einmal in vier Jahren. Da stand für mich eine Absage nie zur Diskussion. Ich habe immer so geplant, dass das Olympia-Turnier gut in meinen Turnierkalender passte.
Die Stimmung bei Olympia ist sicher eine andere …
Bei den Spielen in Sydney habe ich gemerkt, was das Leben im Olympischen Dorf richtig bedeutet. Das Miteinander mit den anderen deutschen Athleten ist herausragend. Viele lernt man dort erst kennen; als Sportler ist man aber meistens sofort auf einer Wellenlänge. Im Dorf und in der Mensa erkennt man die deutschen Athleten am Outfit, setzt sich einfach dazu und quatscht so darauf los. Und auch Sportler anderer Nationen kommen dazu. Absolutes Highlight war eine Begegnung in Sydney mit Muhammed Ali. Das war echt eine coole, unvergessliche Zeit. Ich bin Olympiafreak und kann Tage davon erzählen, wie einzigartig diese Erfahrungen waren.
Legendär ist Ihre Silbermedaille im Doppel mit Rainer Schüttler 2004 in Athen. Nach vier vergebenen Matchbällen reichte es „nur“ zu Silber. Immer noch enttäuscht?
Unmittelbar danach war die Enttäuschung sehr groß. Die Bilder und Ballwechsel werde ich nie vergessen. Die spuken immer mal wieder in meinem Kopf herum. Aber heute überwiegt auf jeden Fall der Stolz. Ich kann sagen: Die Silbermedaille 2004 war der größte Erfolg meiner TennisKarriere.
Macht es für einen Tennisspieler einen Unterschied, dass die Medaille im Doppel und nicht im Einzel erreicht wurde?
Nein, gar nicht. Eine Medaille für Deutschland ist das Wichtigste. Egal in welchem Wettbewerb.
Dennoch ist Olympia im Tennis nicht von so großer Bedeutung wie bei anderen Sportarten.
Einspruch. Das sehe ich nicht so. Sondern das hängt für mich immer von der individuellen Einstellung ab. Für mich haben die Olympischen Spiele immer eine herausragende Bedeutung besessen.
Diese Spiele in Tokio stehen ganz im Zeichen der Pandemie. Viele Tennisstars haben abgesagt. Hätten Sie in Japan aufgeschlagen?
Da hätte ich gar nicht drüber nachdenken müssen – auf jeden Fall hätte ich gespielt.
Hat bei Ihnen als Zuschauer schon das Olympia-Fieber eingesetzt?
Total. Der Zeitplan liegt schon bereit. Ich werde bei jeder Sportart mitfiebern, bei der deutsche Athleten am Start sind und bei der eine deutsche Medaille herausspringen könnte.
Interview: Daniel Müksch