Totale Eskalation der Antihelden

von Redaktion

DFB-POKAL Leipzig sichert sich nach Elfmeter-Drama gegen Freiburg den ersten Clubtitel

Berlin – Als RB Leipzigs DFB-Pokalsieger weit nach Mitternacht im Berliner Nachtclub „The Pearl“ einritten, hielt Nationalspieler Benjamin Henrichs den goldenen Cup zärtlich wie ein Baby – und Mitspieler Kevin Kampl sinnierte plötzlich über die Verwendungsmöglichkeiten der ersten RB-Trophäe: „Ich glaube, da kann man alles reinhauen. Uns schmeckt alles heute.“

Mit dem Premieren-Titel des erst 13 Jahre jungen Klubs belohnten sich die Spieler nach einer bewegten Saison. „Das ist etwas, was wir niemals vergessen werden. Den ersten Titel für diesen Verein zu holen: Das wird in 100 Jahren noch stehen“, sagte Kampl nach dem 4:2-Finalsieg im Elfmeterschießen gegen den SC Freiburg. Doch für die Kritiker des Vereins dürfte dieser Moment eine Zäsur darstellen.

Für jene, das wird immer wieder betont, katapultierte sich RB vor allem dank der Unterstützung des Hauptsponsors Red Bull in Rekordzeit aus dem Nichts zum Titelklub. Oft wird den Sachsen gar das Existenzrecht abgesprochen.

Außer Frage steht, dass mit den vorhandenen Mitteln in Leipzig erstklassig gearbeitet wird. „Ich glaube, wir müssen mal innehalten und schauen, was wir erreicht haben in den letzten 13 Jahren, in sechs Jahren Bundesliga“, freute sich RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff in der ARD.

Zwei Vizemeisterschaften, zwei Europapokal-Halbfinals, dreimal Pokalfinale – jetzt das erste Ausstellungsstück für die Vitrine. Und hört man in die Mannschaft hinein, soll es dabei nicht bleiben. „Ich hoffe, das war erst der Anfang“, so Abwehrspieler Willi Orban.

Um 23.34 Uhr durfte Kapitän Peter Gulacsi am Samstag schließlich den Pokal in die Luft stemmen, nachdem sich die Übergabe infolge eines medizinischen Notfalls am Spielfeldrand verzögert hatte.

In den 120 Minuten davor trotzte RB vielen Widerständen, steckte den Rückstand durch Maximilian Eggestein (19.) inklusive Handspiel-Zoff sowie die Rote Karte für Marcel Halstenberg (57., Notbremse) mit Bravour weg – und glich durch Christopher Nkunku (76.) aus.

Später sah auch noch der bereits ausgewechselte Kampl (118.) wegen Reklamierens Gelb-Rot, was nur eine Randnotiz blieb. Denn als im Elfer-Krimi erst Freiburgs Christian Günter über das Tor und dann auch Ermedin Demirovic an die Latte schoss, brachen alle Dämme. „Ich weine normalerweise nicht, aber als sie den letzten Elfmeter verschossen haben, habe ich einfach nur geweint vor Emotionen“, sagte Emil Forsberg. Trainer Domenico Tedesco wurde nach dem Spiel von oben bis unten mit Bier begossen, wobei er selbst gar nicht so das Feierbiest sei. Er trinke, so der Coach weiter, „wahrscheinlich eher ein Glas Rotwein in der Ecke mit meinem Staff und meinen Spielern.“

Ganz im Gegensatz zu seinen Spielern. Laut Kevin Kampl geht es nach einer Siegesparty mit den Fans am Sonntag in Leipzig für das Team auf die Balearen-Insel. „Dann ist totale Eskalation drei Tage lang“, sagte Kampl im Sport1-Doppelpass in einer Telefonschalte aus dem Mannschaftsbus. „Wir sind auf der Autobahn, hier läuft gerade Michael Jackson. Die Post geht ab“, rief Kampl ins Telefon.  sid

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