London – Der Sportliche Leiter Joti Chatzialexiou spricht vor dem dritten EM-Spiel des DFB-Teams gegen Finnland über den Frauenfußball.
Was passiert gerade in England?
Wir sind dabei, weil wir nicht nur in den ersten Spielen gegen Dänemark (4:0) und Spanien (2:0) gut performt haben, sondern eine positive Energie haben, die ich lange nicht innerhalb einer Mannschaft gespürt habe. Unsere Spielerinnen glauben an sich.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern eingefordert. Ihre Meinung?
Ich finde es schade, wenn in einem solchen Kontext jemand eine solche Äußerung trifft, der von unseren Inhalten und Themen weiter weg ist. Deswegen wäre es gut, wenn er mal vorbeikommen und sich die Gelegenheit zu einem Gespräch ergeben würde. Da würden sich auch die Spielerinnen sehr drüber freuen, und es wäre auch eine Wertschätzung für den Frauenfußball. Diese ideelle Anerkennung ist mitunter wichtige als die finanzielle.
Lena Lattwein studiert Wirtschaftsmathematik. Lea Schüller Wirtschaftsingenieurwesen, Tabea Waßmuth promoviert im Fachbereich Neuropsychologie. Spielen bei den Frauen die klügeren Köpfe als bei den Männern?
Ich möchte nicht darin unterscheiden, wo Frauen oder Männer besser sind. Wir haben in beiden Mannschaften besondere Persönlichkeiten, die wir als Vorbilder für die Gesellschaft nehmen können.
Aber die Millionensummen bei den Männern führen dazu, dass Nationalspieler schon mal mit dem Bentley vorfahren. Derlei Abgehobenheit wird oft harsch kritisiert.
Materielle Dinge kommen eher zum Vorschein, wenn man viel Geld hat, das dann auch schon mal unnötig ausgegeben wird (lacht). Aber letztlich muss jeder selbst wissen, was er mit seinem Geld macht. Unsere Nationalspielerinnen besitzen sicherlich nicht diese Attitüde.
Besteht nicht gerade die Gefahr, dass bald auch so viel Geld in den Frauenfußball fließt, dass der bodenständige Charakter verloren geht?
Diese Gefahr sehe ich nicht. Wir werden auch in näherer Zukunft nicht an die Summen des Männerfußballs herankommen. Der Markt lässt sich nicht so einfach in kürzester Zeit umkrempeln.
Interview: Frank Hellmann