München – Ja, es gibt sie auch noch, die guten Nachrichten aus dem Lager der deutschen Beachvolleyballer. Bei der anstehenden Europameisterschaft auf dem Münchner Königsplatz (15. – 21. August) geht man mit neun Teams ins Rennen, alle Top-Duos sind fit. Die Resonanz kann sich schon sehen lassen – die EM-Macher vermeldeten für die Finaltage: ausverkauft.
Doch den vermeintlichen Festtagen drohen weiter Mißtöne. Die Beurlaubung des deutschen Beachvolleyball-Sportdirektors Niclas Hildebrand hat die Szene aufgeschreckt. Wohin die Sache führen wird, ist vorläufig noch nicht abzusehen. Bis zur endgültigen Klärung, führt Julia Frauendorf als Vorstand Sport im Deutschen Volleyball Verband (DVV) Hildebrands Geschäfte weiter.
Die Reaktionen in der Szene sind allerdings gespalten. „Das war überfällig“, jubelte beispielsweise Alex Walkenhorst, der Retter und Macher der deutschen Beach-Tour in seinem Podcast „SCAM“. Der Starnberger Clemens Wickler dagegen, Deutschlands derzeit bester zeigte sich mehr als überrascht: „Wir hatten ja viel miteinander zu tun. In meinen Augen hat Niclas eigentlich einen guten Job gemacht.“
Für Wickler ist die Sache doppelt brisant. Denn dem Mann, der mit Neu-Partner Niels Ehlers 2024 in Paris nach den Olympiamedaillen greifen will, kommt möglicherweise nicht nur das Hauptbindeglied zum DVV abhanden. Auch hinter seinem Trainer Jürgen Wagner steht ein Fragezeichen, der „Head of Beachvolleyball“ und Macher der Olympiasieger von 2012 und 2016 hat seine Zukunft spontan mit Hildebrand verknüpft. Das muss für Wickler/Ehlers, die in der Praxis vor allem mit Thomas Kaczmarek üben, nicht unbedingt viele Konsequenzen haben. Doch es besteht Gesprächsbedarf: „Ich hoffe sehr, dass wir bald aufgeklärt werden“, sagte Wickler, „das ist für unsere Arbeit schließlich nicht unwesentlich.“
So gibt es weiter auch nur vage Hinweise, was genau zu den tiefen Verwerfungen führte. Eine Rolle soll gespielt haben, dass Hildebrand immer wieder bestimmte Gespanne bevorzugte. Nicht zuletzt um die geplante Wildcard für Olympiasiegerin Kira Walkenhorst und Interimspartnerin Louisa Lippmann für das Elite-16-Turnier in Hamburg soll ein heftiger Streit entbrannt sein.
Was den Verband, ob mit oder ohne Hildebrand, bald vor die nächsten knifflige Situation stellen dürfte, Nämlich dann, wenn die andere Rio-Olympiasiegerin demnächst nach ihrer Babypause wieder einsteigt. Mit – alles spricht dafür – Louisa Lippmann, die im Sommer von der Halle in den Sand wechselte. Darf ein Verband einer Olympiasiegerin und einer Spielerin, die als Galionsfigur für die nächsten Jahre auserkoren ist, Sonderbehandlungen einräumen? Hildebrand tat Vergleichbares in der Vergangenheit des Öfteren. Nicht zuletzt mit Verweis auf den Zusammenhang zwischen Medaillenperspektiven und Fördergeldern. Das immerhin ist kein Geheimnis: Die beiden Olympiasiege von London und Rio de Janeiro sicherten dem Verband für Sand- und die nicht einmal qualifizierte Hallensparte die Fördermittel. Und trotzdem: Die Meinungen gehen da offenbar erheblich auseinander.
Was für Andreas Scheuerpflug, ehemaliger Beach-Profi und heutiger Ludwig-Manager, gar nicht das Entscheidende ist. „Es ist halt einfach so, dass sich unser Sport mal wieder selbst schadet“, sagte er.