Dass Alexander Zverev (25) auf die kommende Woche beginnenden US Open verzichtet, ist aus seiner Sicht vernünftig. Nach so langer Verletzungspause in ein Grand-Slam-Turnier im kräftezehrenden Best-of-Five-Modus zu starten, hätte wohl zu früh eine zu hohe Belastung bedeutet. Dass der Olympiasieger in New York nicht starten kann, offenbart allerdings auch, wie es um das deutsche Tennis derzeit bestellt ist.
Denn Oscar Otte (29), im Vorjahr bei den US Open Achtelfinalist und fünf Wochen nach seiner Knie-Operation gerade noch fit geworden, ist plötzlich Hoffnungsträger – als Nr. 41 der Welt und damit der am höchsten gelistete Deutsche. Jan-Lennard Struff (32), die langjährige deutsche Nummer zwei, muss übrigens in New York in die Qualifikation. Bei den Frauen ist die Ausgangslage auf dem Papier auch nicht gerade vielversprechend. Selbst die dreimalige Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber (inzwischen 34 und auf Position 52 geführt) zählt nicht mehr zur absoluten Elite, zuletzt gab es 2009 keine deutsche Spielerin mehr unter den besten 50.
Interessante Randnotiz: Kerber wurde nach ihrem Sieg bei den US Open 2016 als erste Deutsche seit 1997 und einer gewissen Stefanie Maria Graf die Nummer 1 der Welt. Natürlich ist auch in New York ein Tennis-Wunder wie zuletzt in Wimbledon nicht ausgeschlossen. Dort trafen Tatjana Maria und Jule Niemeier im Viertelfinale aufeinander, Maria (inzwischen 35) siegte, scheiterte im Halbfinale. Mit ihren 23 Jahren befinde sich Niemeier (als 108. der Welt gerade noch direkt ins Hauptfeld gekommen) laut Bundestrainerin Barbara Rittner voll in der Entwicklung, habe alles, „was es braucht, um wirklich ganz nach vorne zu kommen“.
Und wo wir bei Tennis-Wundern sind, sei daran erinnert: Im Vorjahr schrieb in New York die Britin Emma Raducanu Tennis-Geschichte. Als 150 der Welt in der Qualifikation gestartet, gewann die damals 18-Jährige das Turnier. Für Zverev (Finalist dort 2020 und in einem Fünfsatz-Drama Dominic Thiem unterlegen) in Topform und mit Matchpraxis wäre das ein realistisches Ziel gewesen. Ohne ihn können die deutschen Profis schon froh sein, die zweite Turnierwoche zu erreichen…
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