München – Die Forderung der mitgereisten Aue-Fans war eindeutig: „Schluss aus, Vorstand raus“, stand auf einem riesigen Plakat, das der Anhang der Thüringer in der Ostkurve des Grünwalder Stadions entrollt hatte. Eine Kamera von MagentaSport, die nach der 1:3-Niederlage gegen 1860 hinzoomte, brachte auch das Kleingedruckte ans Tageslicht. Rechts auf dem Plakat stand wie ein Hilferuf: „Neuanfang! Neuwahlen! Sportliche Kompetenz!“
Proteste, die Wirkung zeigten – und ein kleines Beben im Erzgebirge auslösten. Das neunte sieglose Drittligaspiel brachte das Fass beim FCE zum Überlaufen. Vereinspräsident Helge Leonhardt, 63, trat zwei Tage nach der Niederlage bei 1860 zurück. Ein erwartetet Schritt, aber auch ein Hammer, denn der 63-Jährige führte den Stolz der Thüringer seit 2014, schien in Aue alles im Griff zu haben – bis er am Sonntagabend Konsequenzen aus der sportlichen Talfahrt zog.
Insider sprechen von der „schwersten Krise“ seit Gründung des Vereins 1949. Eine Einschätzung, die sich mit Zahlen belegen lässt. Seit 2004 gehörte der FCE mit Ausnahme von drei Jahren (2008 bis 2010 plus 2015/16) der 2. Bundesliga an. Von dort stiegen die Thüringer im Sommer ab – um sieglos und mit nur fünf geschossenen Toren ans Tabellenende der 3. Liga zu stürzen.
Ob auch Timo Rost mit in den Abgrund gerissen wird, bleibt abzuwarten. Nach dem 1:3 bei 1860 sagte Bayreuths Aufstiegscoach: „Es ist zu einfach, immer alles auf den Trainer zu schieben. Ich glaube, dass zu viele Altlasten mit in die neue Saison genommen werden. Das muss man sachlich und offen kommunizieren – und Lösungen finden, die hoffentlich in die richtige Richtung gehen.“
Der zurückgetretene Leonhardt wünscht seinem Ex-Club derweil alles Gute: „Ich hoffe sehr, dass damit ein geordneter Neuanfang gestaltet werden kann und dass weitere Eskalationen, die Schaden bringen würden, verhindert werden.“ ULI KELLNER