0:1 – Ungarn nervt das DFB-Team

von Redaktion

Erste Niederlage unter Hansi Flick – Gruppensieg nicht mehr möglich

VON GÜNTER KLEIN

Leipzig – Das Trikot, das für die Weltmeisterschaft 2022 entworfen wurde, hat die deutsche Nationalmannschaft zwei Monate vor dem Turnier in Katar schon getragen, die Form, die eine erfolgreiche WM erwarten ließe, hat sie nicht. Mit einer 0:1-Niederlage am Freitagabend in Leipzig gegen Ungarn entglitt ihr die Möglichkeit, die Gruppe der Nations League zu gewinnen und sich für das Final-Four-Turnier des Wettbewerbs im Sommer 2023 zu qualifizieren.

Außerdem musste Hansi Flick in seinem 14. Spiel als Bundestrainer erstmals einen Misserfolg hinnehmen. Nun geht es am Montag in England vor allem darum, nicht in mieser Stimmungslage der WM entgegenzugehen. Schon nach wenigen Minuten war klar: Ungarn ist das Nervensägen-Team der EM-Vorrunde und aus dem Hinspiel der Nations League geblieben. Nach 30 Sekunden hatte es die erste Ecke, und ein paar Minuten ließ es die Deutschen gar nicht aus ihrer Hälfte kommen. Marco Rossi, der italienische Trainer und Taktiktüftler, schaffte es erneut, Flick mit einer Kniffelaufgabe zu beschäftigen.

Und diese Spiele zwischen DFB-Team und Ungarn bekommen schnell eine psychologische Komponente: Aus deutscher Sicht ist es der 0:1-Rückstand in einer Partie, die man möglichst nicht verlieren sollte. Wobei das ungarische Tor in der 17. Minute ein außerordentlich ästhetisches Stück Fußball war. Als beschäftigten nicht die Deutschen einen eigenen Trainer für Standardsituationen, sondern die Magyaren, zauberte aus der Bundesliga bekannte (und konsequent unterschätzte) Adam Szalai den Ball, vom Leipziger Dominik Szoboszlai getreten, mit dem Rücken zum DFB-Tor stehend und der Hacke in den Winkel. Der Blick von Keeper Marc-Andre ter Stegen, Vertreter des Covid-infizierten Manuel Neuer, verriet Überraschung – und ein bisschen Bewunderung für die Raffinesse der Ungarn.

Thomas Müller, Szalai zugeteilt, konnte den Zauber nicht unterbinden, sondern nur mitstaunen. Es war absehbar, dass die Duldsamkeit des Publikums nachlassen würde. Auf Litfasssäulen in der Stadt waren die Fans mit der Aufforderung „Mit euch auf den Rängen auf Rang 1“ gelockt worden, die Arena war gut gefüllt, offiziell sogar ausverkauft, auch der berüchtigte „schwarze Block“ aus Ungarn war vertreten (benahm sich aber nicht daneben, applaudierte anerkennend beim Gedenken für Uwe Seeler).

Die Ungarn hatten ihren Spaß, die deutschen Anhänger warfen Papierknäuel und pfiffen, als es in die Halbzeitpause ging. So ergab sich also wieder die Simulation Anspielen gegen Wider- und Rückstand. Flicks Elf fand nun zumindest den Vorwärtsgang und setzte Ungarn so unter Druck, dass sich Szenen im Strafraum ergaben. Leroy Sané näherte sich aus etwas zu spitzem Winkel Peter Gulacsis Tor, der Leipziger konnte klären.

Erlösender Jubel brandete in der 53. Minute auf, als der Ball im Netz einschlug. Jonas Hofmann hatte für Thomas Müller abgelegt, sein Schuss war präzise – doch der Jubel verfrüht: Dass Hofmann bei Ilkay Gündogans Vorlage im Abseits stand, hatten die Schiedsrichter schon entschlüsselt. Ein Gewaltschuss von Joshua Kimmich, knapp vorbei, weckte die Zuschauer. Flick hatte beim Anrennen Richtung Ausgleich noch potente Alternativen in der Hinterhand. Kai Havertz und Jamal Musiala, beide ein Versprechen auf eine große Zukunft der deutschen Nationalmannschaft. Die Gegenwart lässt die großen Taten aber noch nicht am arabischen Horizont erscheinen.

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