Begleitet von kritischen Augen

von Redaktion

Hainers Rolle in der Bayern-Krise ist komplex – Stärke beweist er abseits des Platzes

München – Es gibt beim FC Bayern ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt: Wann immer der Präsident in einer öffentlichen Mitteilung erwähnt wird, steht er an erster Stelle. Logisch, Herbert Hainer ist auf dem Papier der starke Mann dieses Vereins, er sitzt dem Aufsichtsrat vor. Aber es ist schon auch bekannt, dass dem 68-Jährigen Formalien wie diese sehr wichtig sind. Da geht es ums Prinzip – und auch ein wenig ums persönliche Empfinden.

Am Samstag in Mainz trat Hainer als erster Boss vor die Medien, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic folgten. Und die Rolle, die der Präsident in dieser aktuell dramatischen Bayern-Krise hat, wurde in diesen Momenten deutlich. Er wird gefragt, er gibt Antworten – aber er steht nicht in der Schusslinie. Vielmehr muss er kritisch beäugen, was die Herren, mit denen er als starkes Trio auftritt und auf den Tribünen der Republik abgelichtet wird, da so tun. Dass seine Worte zur sportlichen Lage weniger Gewicht haben als jene der primär in der Verantwortung stehenden, ist die logische Konsequenz dieser Konstellation.

Als Hainer die Gerüchte um ein Aus von Oliver Kahn zuletzt öffentlich zurückwies, wurde hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Böse Zungen sagten – im Scherz und in Erinnerung an die Causa Julian Nagelsmann, dem Hainer drei Tage vor seinem Aus offiziell den Rücken gestärkt hatte –, dass Kahns Tage als CEO ab jetzt gezählt seien. Dabei schwang freilich der Eindruck aus der damals nicht ganz glücklichen Kommunikation mit, aber auch eine Sichtweise, die aus den oberen Gremien zu hören ist: dass Hainer zwar stets involviert, aber nicht bei jeder sportlichen Entscheidung federführend ist. Und dass Hoeneß nach wie vor die Fäden zieht. Es stimmt, dass der Ehrenpräsident laut Lothar Matthäus (Sky) „mit der Besetzung, die er maßgeblich in der Chefetage installiert hat, seit vielen Monaten unzufrieden ist“. Aber Hainer düfte sich da weniger angesprochen fühlen als Kahn und Salihamidzic. Denn immerhin bedient er – qua Amt und Persönlichkeit – auch andere Nischen in diesem Verein. Und zwar solche, die am Scheideweg zwischen Heimatverbundenheit und Weltoffenheit essenziell sind.

Hainer war kein Profi-Fußballer, aber er ist ein mehr als erfahrener Geschäftsmann. Und er wurde von Hoeneß als Nachfolger installiert, weil er Werte und Familiengedanken dieses speziellen Vereins nicht nur verstanden hat, sondern lebt. Die Liste der in seiner Amtszeit ins Leben gerufenen sozialen Projekte ist lang, und Hainer ist sich auch nicht zu schade, den regelmäßigen Austausch mit den Fans zu suchen. Er hat sein Ohr an der Basis, schaut nach links und rechts. Das mag nicht ganz so populär sein wie die Arbeit auf dem Platz. Aber genauso wichtig.  hlr, pk

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