Bergamo – Nico Denz versammelte zu später Stunde die Teamcrew auf dem Hotel-Parkplatz zu einer kleinen Sieger-Party mit einem Gläschen Sekt. So richtig begreifen konnte das Energiebündel vom Hochrhein seine tollen Tage in Italien selbst noch nicht. „Das fühlt sich irgendwie unwirklich an. Ich verstehe im Moment gar nicht, was passiert. Das muss ein Traum sein“, sagte Denz, nachdem er am Samstag seinen zweiten Etappensieg beim 106. Giro d’Italia innerhalb von nur drei Tagen gewann.
Nico wer? Sein Name ist allenfalls den Radsport-Kennern ein Begriff. Bis zum Giro-Start hatte der 29-Jährige aus Waldshut-Tiengen in zehn Profijahren gerade einmal drei Siege zu Buche stehen. Beim Bora-hansgrohe-Rennstall kommt ihm die Rolle des klassischen Edelhelfers für die Kapitäne um den deutschen Hoffnungsträger Lennard Kämna zu. Flaschen holen, Löcher zufahren, die Stars aus dem Wind halten. Und plötzlich steht Denz selbst auf dem großen Podium bei der zweitgrößten Rundfahrt der Welt.
Sein zweiter Etappensieg war dabei geradezu ein Meisterstück. Im Alleingang hatte Denz einen 14-Sekunden-Rückstand zu einem Spitzentrio aufgeholt und dann auch noch den Sprint gewonnen. „Loch zufahren, Sprint anfahren, Sprint verlängern, Sprint ausführen und dann gewinnen. Das erinnert mich ein bisschen an Mathieu van der Poel beim Amstel Gold Race (Anm.: im Jahr 2019). Wo du sagst, das geht eigentlich nicht“, schwärmte sein Sportlicher Leiter Rolf Aldag. Und Sportdirektor Jens Zemke ergänzte: „Er ist gerade in der Form seines Lebens.“
Dabei hatte es Denz nochmal unnötig spannend gemacht. Einen Meter vor der Ziellinie in Cassano Magnago riss der BWL-Student bereits die Arme hoch, während der Kanadier Derek Gee mit einem Tigersprung noch bedrohlich nah kam. Erinnerungen an Erik Zabels Fauxpas beim Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo 2004 wurden wach, doch es sollte reichen – um wenige Zentimeter.
Nach seinem Abitur ist Denz nach Frankreich gegangen, hat sich dem Nachwuchsteam von AG2R angeschlossen. Erst 2021 wechselte Denz zum DSM-Team, ehe es Anfang des Jahres zu Bora weiterging.
Die 15. Giro-Etappe am Sonntag gewann Brandon McNulty (USA/Team UAE Emirates). In der Gesamtwertung führt der Franzose Bruno Armirail (Team Groupama-FDJ). dpa