Meister-Wunder hin oder her: Die Bundesliga-Saison 2022/2023 wird an der Säbener Straße Narben auf allen Ebenen hinterlassen – egal, wie sie endet. Oder wie deuten Sie die Gesichter der grantigen Granden Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge auf der Ehrentribüne beim 1:3 gegen Leipzig?
In der Rückschau gibt es lediglich zwei Ansatzpunkte für Veränderungen beim deutschen Rekordmeister: Mannschaft und/oder Bosse. Nach dem zwischenzeitlichen 1:1 der Leipziger ist das Münchner Star-Ensemble in sich zusammengebrochen – so lässt sich zumindest die Körpersprache deuten. An fußballerischem Können mangelt es den hoch veranlagten Individualisten sicherlich nicht, an Widerstandsfähigkeit dafür umso mehr. Mentalität vor Qualität muss daher das Motto für den anstehenden Transfersommer sein.
An dieser Stelle kommt die bayerische Chefetage um CEO Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic ins Spiel. Es bleibt die Frage – nach dem Auftritt gegen Leipzig mehr denn je –, ob Kahn in Sachen Transfers nach der Aufsichtsratssitzung am 30. Mai noch mitmischen darf. In hochbrisanten Phasen wie dieser lohnt es, zwischen den Zeilen zu lesen. Etwa wenn der Bayern-Vorstandschef berechtigter Weise fühlte, dass seine Mannschaft den Leipzigern nach dem 1:1 nichts mehr entgegenzusetzen hatte – und für diese Aussage eine verbale Watschn von Thomas Müller in seiner Funktion als Kapitän kassierte: „Es ist okay, wenn er das Gefühl hat. Aber es geht jetzt in erster Linie für uns nicht darum, wer welche Gefühle hat.“
Solche verbalen Scharmützel lassen vor allem nach empfindlichen Niederlagen tief blicken, wie es um das Verhältnis Mannschaft/Bosse bestellt ist. Mit mehr Bedacht wählte Salihamidzic seine Worte, der qua Berufsbezeichnung näher an der Mannschaft ist und weiß, welch sensibles Gebilde diese derzeit darstellt: „Ich stehe hinter der Mannschaft und den Jungs.“ Aussagen, die auch Uli Hoeneß genau registrieren wird – und die bei der Job-Bewertung der beiden Vorstände durch den Aufsichtsrat mit einfließen werden. Die entscheidende Frage auf und abseits des Platzes: Ist der aktuelle Führungsstil der richtige für den FC Bayern?
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