Von Ballett noch weit entfernt

von Redaktion

Dreesen lobt Bayern – obwohl Tuchels Handschrift auch in Kopenhagen fehlt

VON MANUEL BONKE

Kopenhagen – Bis weit nach Mitternacht steckten Cheftrainer Thomas Tuchel (50) und Sportdirektor Christoph Freund (46) die Köpfe zusammen. Die sportliche Leitung des FC Bayern hatte nach dem 2:1 (0:0) beim FC Kopenhagen augenscheinlich viel zu besprechen. Und das Champions-League-Bankett im Gewölbekeller des Teamhotels Villa Copenhagen bot die ideale Gelegenheit. Zeitweise lauschten auch Vorstandschef Jan-Christian Dreesen (56) und Präsident Herbert Hainer (69) den Ausführungen von Tuchel, der währenddessen fleißig am Gestikulieren war. Kurz zuvor hatte Dreesen bei seiner Bankett-Rede den mühevoll erarbeiteten Sieg in der dänischen Hauptstadt wie folgt analysiert: „Das Wichtigste ist, dass wir gewonnen haben. Dafür ein ganz großes Lob an die Mannschaft.“ Es sei beileibe kein einfaches Spiel gewesen: „Wir haben es uns hart erkämpft. Kopenhagen rannte um sein Leben. Umso wertvoller ist der Sieg heute.“

Den Auswärts-Dreier nehmen die Bayern demnach gerne mit, spielerisch war es aber erneut holprig, was der deutsche Rekordmeister bot – und das lag nicht nur am Acker im Parken-Stadion. Torjäger Harry Kane (30), der den späten Siegtreffer durch Mathys Tel (18) zwar mit einem gewonnenen Kopfball-Duell einleitete, scheint weiterhin nicht vollends in der Münchner Offensive integriert. Die Abstände im Mittelfeld sind weiterhin zu groß und ermöglichen dem Gegner zu viele Kontermöglichkeiten. Und das Angriffsspiel des deutschen Rekordmeisters lebt von Einzelaktionen – wie dem Ausgleichstreffer von Jamal Musiala (20) in der 67. Minute – statt von sehenswerten Kombinationsfußball. Bleibt die Frage: Wann ist die Handschrift von Tuchel deutlich zu erkennen?

„Wenn man jetzt sagen will, man will den FC Bayern von A bis Z glänzen sehen und Ballett spielen sehen – dann kann man auch was kritisieren“, sagte Routinier Thomas Müller (34), wollte die bisherigen Leistungen im Fußballjahr 2023/2024 aber nicht komplett zerreden: „Ich finde, wir hatten einen guten Saisonstart bisher, aber jetzt keinen, wo wir Europa ins Schwärmen versetzen. Das muss auch gar nicht sein.“ Trotzdem wolle die Mannschaft laut Müller eine Entwicklung ihrerseits sehen. Wie das konkret in der Praxis aussehen könnte, beschreibt die Vereinsikone wie folgt: „Dass wir die Dinge, die der Trainer von uns erwartet, noch kontinuierlicher und noch besser durchspielen.“

Die Spielidee in Kopenhagen klang simpel. „Heute war es so, dass wir de Gegner so bekommen haben, wie wir ihn auch erwartet haben. Wir mussten um einen großen Block herumspielen. Vielleicht hätten wir ein bisschen mehr in Richtung Strafraum spielen können mit mehr Flanken, mit mehr Risiko-Hereingaben. Aber wir wollten den Gegner auch ein bisschen müde spielen. Mit einem guten Passspiel, auch mit schnellen Verlagerungen, aber das ist das auf dem Reißbrett.“ Demnach gebe es gegnerspezifische unterschiedliche Ansätze, wie das Team spielen wolle: „Insgesamt müssen wir besser unsere Sechser finden. Das kann der Trainer vielleicht noch detaillierter erklären als ich jetzt nach dem Spiel.“

Das tat Tuchel in aller Ausführlichkeit auf dem Bankett – ehe er die Veranstaltung mit Sportdirektor Freund um 2.40 Uhr verließ.

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