Jacobacci hofft auf Rückenwind

von Redaktion

Dresden als Chance? Die Löwen und ihr Trainer brauchen ein Erweckungserlebnis

VON ULI KELLNER

München – Erfreuliche Meldung für Maurizio Jacobacci in stürmischen Zeiten: Für die Dauer des Dresden-Spiels am Samstag (Anstoß: 14 Uhr, Grünwalder Stadion) sagt der Deutsche Wetterdienst die idealen Fußballbedingungen voraus: Sonne bei 22 Grad, die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei null Prozent, und was den 1860-Trainer am meisten freuen dürfte: Die Windgeschwindigkeit soll maximal 11 km/h betragen – laut gängiger Definition entspricht das einer leichten Brise. Die möglichen Auswirkungen beschreibt der DWD so: „Wind im Gesicht spürbar, Blätter und Windfahnen bewegen sich.“ Was also nicht zu erwarten ist: Dass sich Halbfeldflanken wie ferngesteuert ins Tor senken – und dass Frisuren in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Bilder vom Spiel in Ulm zeigen den auf sein Äußeres bedachten Coach mit zerzaustem Haar – und innerlich, das wurde bei seinem Statement nach der 0:1-Pleite deutlich, dürfte es nicht wesentlich geordneter ausgesehen haben. Jacobacci klassifizierte Bastian Allgeiers spielentscheidende Bogenlampe als „Zufallsprodukt“, äußerte sich mäßig respektvoll über die Offensivbemühungen des Siegers („ . . . sonst haben sie wenig bis gar nichts auf die Reihe gekriegt“), um final zu klagen: „Wir haben gegen den Wind gespielt. Das war auch ein Faktor, den man nicht hätte haben sollen.“ Zumal die Sturmböen nach dem Seitenwechsel, als es seinem Team genutzt hätte, „nicht mehr da“ gewesen seien. Das Wetter hat sich nun also auch noch gegen 1860 verschworen. Eine eigenwillige Sichtweise – wie sein Kommentar zur Pyroshow der Ultras. „Klar muss man sagen, dass die Feuerwerke nicht dazu beigetragen haben, einen Rhythmus ins Spiel zu bringen“, sagte er: „Es sah gut aus, aber für unsere Mannschaft war es nicht optimal.“

Was zur Frage führt, was überhaupt gerade optimal läuft bei den runderneuerten Löwen. Weder das Auftreten des Teams, das den Italo-Schweizer zu Emotionsausbrüchen treibt (erstmals mit Gelb geahndet), noch die Außendarstellung aller im Verein – und die Bilanz des Trainers ist es auch nicht: Vier Siege stehen fünf Niederlagen gegenüber, wobei Jacobacci vor der Saison erklärt hatte, dass es nach acht Spielen erstmals zulässig sei, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Er selbst hat nun damit angefangen. Bei einer 90-minütigen Kabinensitzung am Mittwoch dürfte einiges zur Sprache gekommen sein. Kritisiert, sogar namentlich, hatte er in Ulm die Offensivkräfte Vrenezi/Guttau („Wenn Flanken möglich sind, sollten sie schon ankommen und nicht am ersten Spieler hängen bleiben“) – und die Joker Ludewig/Bonga, denen er mangelnde „Spielintelligenz“ vorhielt. Vorläufiges Ergebnis ist Tabellenplatz elf. Um auf einen Zwei-Punkte-Schnitt zu kommen, was Jacobaccis jüngst formulierter Anspruch ist, müsste 1860 die nächsten sechs Spiele gewinnen, also gegen Dresden, Freiburg II, Münster, Viktoria Köln, Regensburg und Saarbrücken.

Bemerkenswert: Mit dem Team, das er im März von Michael Köllner übernommen hat, schaffte er einen besseren Punkteschnitt (1,57) als mit dem aktuellen Kader, den er selbst mithilfe einer sportcheflosen Transfer-Taskforce zusammengebaut hat (1,33). „Jemand, der Fußball versteht, der weiß, dass die Mannschaft Zeit braucht, um sich zu entwickeln“, argumentiert Jacobacci: „Sie hat schon eine Entwicklung gemacht. Vor der Saison sah es nicht so aus.“ Sein Ansatz für Samstag: „Wir müssen nach vorne mehr Akzente setzen.“

Ein Coup gegen Tabellenführer Dresden würde dem angeknackst wirkenden Trainer Auftrieb verleihen. Er hätte dann den nötigen Rückenwind, um die bei 1860 traditionell harten Herbstwochen besser zu überstehen.

Artikel 11 von 11