Wann zünden Bayerns Monster?

von Redaktion

Kane-Auftritt in Kopenhagen wirft Fragen auf – und auch Kim konnte bisher noch nicht zu 100 Prozent überzeugen

VON HANNA RAIF UND MANUEL BONKE

München – In Barcelona sitzt einer, der es wissen muss. Denn er hat die Saison 2014/15 erlebt. Gerade mal 17 Treffer waren Robert Lewandowski in seinem ersten Jahr als Spieler des FC Bayern gelungen – und der Schützenkönig jener Spielzeit hieß, man glaubt er kaum: Alex Meier. Über die 19 Treffer, die dem damaligen Frankfurter zur Torjägerkanone reichten, konnte Lewandowski in den Jahren danach nur müde lächeln. Weniger waren es in keiner Spielzeit bis zu seinem Wechsel im letzten Jahr. Vielmehr entwickelte er sich in den acht Jahren im Bayern-Trikot in ganz andere Dimensionen (41).

Als Lewandowski jüngst mit Aussagen über Harry Kane zitiert wurde, hatte er die Partie seines Ex-Vereins in Kopenhagen noch nicht gesehen. Aber auch die Eindrücke davor – immerhin neun Treffer und vier Assists – hatten dem Vorgänger des neuen Bayern-Stars gereicht, um folgende Prognose abzugeben. „Das erste Jahr“, sagte Lewandowski der „Sport Bild“ mit Blick auf den 30 Jahre alten Angreifer, „wird sicher nicht leicht, die Umstellung ist groß.“ Er fügte an: „Kane braucht Zeit, den FC Bayern zu verstehen.“ Und die jüngsten Eindrücke sprechen dafür, dass auch der FC Bayern Zeit braucht, Kane zu verstehen. Noch passt es nicht zusammen. Die Gründe dafür liegen irgendwo zwischen fehlender Spielidee, mangelnder Abstimmung und zu wenig gemeinsamen Erfahrungswerten.

In Kopenhagen kam das Thema kurioserweise auf den Tisch, weil es eigentlich keines war. Beim 2:1 im zweiten Champions-League-Gruppenspiel hatte Kane nämlich eine Nebenrolle gespielt, während andere – Jamal Musiala und Mathys Tel – die Partie drehten. Der England-Kapitän wirkte gegen den dänischen Meister zeitweise wie ein Fremdkörper, war im Angriffsspiel vor allem in der ersten Hälfte kaum integriert. Das war auch Thomas Tuchel nicht entgangen, der im Anschluss zwar lobende Worte, aber nicht allzu viele Erklärungen fand.

„In den letzten 20 Minuten“, sagte der 50-Jährige, habe man gesehen, „wie wertvoll Harry für uns sein kann.“ Warum allerdings die Flanken später besser kamen, „wir ihn mehr gefunden und eingebunden haben“, wusste Tuchel „auch nicht so genau“. Immerhin stimmten ihn die zweiten 45 Minuten zuversichtlich, dass Kane das Spiel gegen dicht stehende Gegner immer besser annehmen kann. Es habe gedauert, bis sich der Starstürmer „in das Spiel reingebissen“ habe: „Dann war er sehr ballsicher, hatte gute Verlängerungen und erste Kontakte.“

An diesen Fähigkeiten zweifelt niemand, der Kane täglich erlebt. Intern ist der Engländer voll integriert, hilfreich und wissbegierig zugleich. Und trotzdem merkt auch er, dass das Spiel in der Bundesliga – und vor allem beim FC Bayern – ein anderes ist. Da geht es ihm nicht anders als Minjae Kim, der seine „Monster“-Qualitäten bisher auch selten unter Beweis gestellt hat. Zwar ist der Südkoreaner ein Dauerbrenner in Tuchels Abwehr, nicht immer aber wirkt er solide. Lothar Matthäus bezeichnete ihn dieser Tage sogar als „Unsicherheitsfaktor“. Der „Sky“-Experte hatte sich vom 50-Mio.-Mann mehr erhofft.

Richtige Aussetzer hat Kim sich bisher nicht geleistet, gerade im Spiel mit dem Ball aber ist Luft nach oben. Eine Erklärung braucht man gar nicht lange suchen. Lewandowski hat sie schon.

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