Der Fall Müller

Die Suche nach der Basis

von Redaktion

HANNA RAIF

Die Frage aller Fragen ist – wie so oft – die nach der Ehefrau. Denn zu welchen Mitteln Lisa Müller greifen kann, wenn ihr Gatte ungerecht behandelt wird, ist bekannt. Der legendäre Post „Mehr als 70 Minuten, bis der mal einen Geistesblitz hat“, ist auch fünf Jahre nach seiner Veröffentlichung noch in den Köpfen. Es war damals, als Reservist Thomas Müller nicht 34, sondern 29 Jahre alt war, an Niko Kovac adressiert – und sprach vielen aus der Seele. Am Ende fiel der Umgang mit dem so besonders bayrischen Profi dem Trainer auf die Füße. Da ist die Situation heute doch eine andere.

Schon als Thomas Tuchel im Frühjahr verpflichtet wurde, konnten versierte Kopfrechner überschlagen, dass der Coach derjenige sein würde, unter dem es passieren wird. Irgendwann, das bleibt in keiner Karriere aus, gibt es Spieler im Kader, deren Beine spritziger und deren Hirne gedankenschneller sind. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem Erfahrung und Verdienste um den Verein die auf dem Platz entscheidenden Komponenten nicht mehr aufwiegen können. Wenn man dann wie Müller einen anderen Weg wählt als etwa Philipp Lahm (Karriereende mit 33) oder Bastian Schweinsteiger (Manchester-Wechsel mit 30), findet der Gang in die Altersteilzeit unter dem Licht des großen Scheinwerfers statt. Bisher ist es ein würdiger, offiziell ohne böses Blut. Und trotzdem übertreibt man nicht, wenn man die laufenden Wochen in diesem Fall als entscheidend bezeichnet.

Denn Müller mag zwar still sein, macht sich aber freilich Gedanken. Er kennt die Branche, er kennt die Mechanismen, und er kennt auch genügend Fallbeispiele, die die sogenannte „Götterdämmerung“ hervorgebracht hat. Da wäre Lionel Messi, der seinen FC Barcelona einst wegen „finanziellen und strukturellen Hindernissen“ verließ. Oder Cristiano Ronaldo, der bei seinem Abgang in Richtung Real-Präsident Florentino Perez sagte: „Was er mir sagte, kam nie von Herzen.“ Es geht um materielle und immaterielle Werte, um Finanzen und Emotionen. Und nur wenn beide Seiten in beiden Komponenten eine Basis finden, hat eine weitere Zusammenarbeit Sinn.

Zu wünschen, dass dieses würdige Ende hinhaut, wäre es allen Beteiligten. Müller sowieso, dem Verein auch, vor allem aber den Millionen Fans, für die der Müllerthomas einer von ihnen ist. Ein Pluspunkt: Lisa Müller kann man sich auf einer Tribüne in Saudi-Arabien so gar nicht vorstellen. Und das ist auch gut so!

Hanna.Raif@ovb.net

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