Noch auf dem Rasen entschuldigte sich Torwart Neuer (Mitte) bei den FCB-Kollegen. © Andre/Imago
Manuel Neuer ist für seine offensive Spielweise bekannt, aber diesmal ging es schief: Der FCB-Torhüter rammte Leverkusens Jeremie Frimpong. © Hoppe/dpa
München – Es kommt selten vor, dass Manuel Neuer seine Fehler eingesteht. Auch nach dem 0:1 im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Bayer Leverkusen äußerte der Torhüter des FC Bayern wenig Selbstkritik.
Angesprochen auf den ersten Platzverweis seiner Profikarriere sagte der Kapitän am späten Dienstagabend: „Das war natürlich spielentscheidend. Es tut uns weh, und das tut mir natürlich leid.“
Neuer hatte bereits in der 17. Minute von Schiedsrichter Harm Osmers die Rote Karte gesehen. Der Keeper war außerhalb des Strafraums gegen Leverkusens Jeremie Frimpong zu spät und rammte den Niederländer mit einem harten Bodycheck um – obwohl Rechtsverteidiger Konrad Laimer den Angreifer theoretisch noch hätte stoppen können.
„Ich habe ihn einlaufen sehen, er ist ein schneller Spieler. Ich bin nach vorne, wollte die Situation lösen. Ich habe den Ball nicht berührt, stand da, habe keine aktive Foulsituation kreiert“, schilderte Neuer seine Sicht der Szene. „Heftig war das Foul sicherlich nicht. Ich stehe, mache keine Bewegung mit dem Knie gegen den Mann. Ich drehe mich noch rein, weil ich gemerkt habe, dass ich den Ball nicht treffe. Eher ist es eine Situation, wo ich stehe, und ihn nicht aktiv bösartig foule.“
Erster Platzverweise im 867. Spiel
Zuvor meinte Neuer über Frimpongs Verhalten auf Sky: „Er läuft in mich rein und versucht, das dankend anzunehmen.“ Frimpong lag danach mit Schmerzen auf dem Rasen. Schwer vorstellbar, dass er sich freiwillig zu Boden checken ließ.
Er müsse die Rote Karte akzeptieren, so Neuer: „Ich habe noch gehofft, dass es eine Abseitssituation gibt – das war leider nicht der Fall.“
Nach dem ersten Platzverweis im 867. Profispiel streifte Neuer sofort die Kapitänsbinde ab, überreichte sie Sechser Joshua Kimmich. „Ich habe mich zu unseren Spielern gewandt und versucht, sie zu ermutigen, dass es doch was wird“, sagte der Torhüter, der vor dem Verlassen des Platzes seine Mitspieler zusammengetrommelt hatte.
Dabei entschuldigte sich Neuer auch „bei dem ein oder anderen“ Teamkollegen, sprach kurz mit Ersatztorwart Daniel Peretz, der beim Gegentor von Nathan Tella machtlos war, und bangte dann vergebens als Zuschauer mit seinem dezimierten Team: „Die Mannschaft hat alles gegeben, sehr viel investiert, dass wir es trotzdem irgendwie schaffen. Das war beeindruckend.“
Kimmich habe den Ausschluss Neuers nicht als spielentscheidend wahrgenommen, der DFB-Kapitän sah die Rote Karte nicht als „Knackpunkt“. „Manu muss sich nicht entschuldigen. Er hat uns schon sehr, sehr oft gerettet“, betonte der Mittelfeld-Chef. „Im Fußball geht es immer um Entscheidungen, zu 99,9 Prozent trifft er die richtige. Null Vorwurf!“
Erst vergangene Woche nach dem 1:0 gegen Paris Saint-Germain kritisierte Ex-Bayern-Spieler Didi Hamann Neuer für sein riskantes Herauslaufen aus dem Tor. „Es hat dieses Jahr schon öfter Situationen gegeben, wo Neuer an Toren schuld war oder wo er Glück hatte, wie in Bochum, dass Minjae Kim den Ball von der Linie kratzt“, so der Sky-Experte. „Das heißt, wenn du Bälle über die Köpfe der Abwehr spielst: Da hat ihn sein Timing das ein oder andere Mal im Stich gelassen.“ So wie gegen Leverkusen.
PHILIPP KESSLER UND
HANNA RAIF