Die Freude rausgeschrien, hier Kimmich (2. v. r.) und Pavlovic (r.). © IMAGO
Kam, sah und traf: Leroy Sané. © IMAGO
München – Auf dem Papier wurde das Wochenende des FC Bayern sogar noch besser, als das 3:0 (0:0) gegen Werder Bremen schon 19 Stunden abgepfiffen war. Erst ein „überzeugender“ Sieg (Vincent Kompany), eine „wirklich gute Leistung“ (Harry Kane), dann ein Patzer der Konkurrenz – besser kann so ein 21. Spieltag in der Fußball-Bundesliga doch gar nicht laufen. Acht Punkte Vorsprung sind es seit dem 0:0 von Meister Leverkusen in Wolfsburg am Samstag für die Kompany-Elf an der Tabellenspitze, nach dem siebten Liga-Sieg hintereinander marschiert man dem Titel in großen Schritten zu. Also alles rot-weiß-wunderbar im Bayern-Kosmos, ehe es am Dienstag zum Playoff-Hinspiel der Champions League in Richtung Glasgow geht? Nun ja. Das wäre nur die halbe Wahrheit.
Vielleicht passte das Fazit des Chefs am besten zu diesem eisig-kalten Abend in der Allianz Arena. Denn Jan-Christian Dreesen beschrieb die Gemütslage vor der doch richtungsweisenden Woche mit zwei Spielen gegen Celtic sowie dem (nicht mehr ganz so brisanten) Liga-Gipfel am Samstag in Leverkusen wie folgt: „Wenn ich die zweite Halbzeit nehme, starte ich mit guten Gefühlen.“ Dass die Bayern mit deutlich mehr Schwung aus der Kabine gekommen waren und der Sieg nach zwei Elfmetertoren von Harry Kane sowie einem Treffer von Leroy Sané am Ende laut Joshua Kimmich „absolut verdient“ war, stand außer Frage. Dass Beobachter aber in der Halbzeit hinter vorgehaltener Hand von der bis dato schlechtesten Liga-Saisonleistung gesprochen hatten, sollte in der Vorbereitung auf die Reifeprüfung im Celtic Park am Mittwoch (21 Uhr) auch nicht vergessen werden.
Man merkte die Last, die nach dem immerhin ergebnistechnisch gelungenen Abend abfiel, so gut wie allen Beteiligten an. „Das war kein Fest heute, aber am Ende geht es ums Gewinnen“, sagte etwa Sportvorstand Max Eberl, der dem Team „eine breite Brust“ für den Trip auf die Insel attestierte. Matchwinner Kane will den Schwung aus der Generalprobe „für die nächsten Wochen nutzen“, Dreesen sagte: „Wenn wir das, was wir in der zweiten Halbzeit gemacht haben, so fortführen, sollten wir auch im Celtic-Park bestehen.“ Dass sich das allerdings seit mehr als einem Jahr zig Mannschaften vorgenommen haben und im mythenumwobenen „Paradise“ nicht umsetzen konnten, ist auch den Bayern nicht entgangen. Daher vielleicht nicht unclever, sich stark zu reden – Eberl: „Wir sind die Mannschaft mit den meisten Toren in Europa“ –, obwohl es spielerisch derzeit vor allem in der Offensive durchaus Luft nach oben gibt.
Es anders zu machen, als zuletzt bei Aston Villa (0:1), in Barcelona (1:4) und Rotterdam (0:3), ist nicht nur das erklärte Ziel, sondern die Vorgabe von oben. „Wir können diesen Monat viel zeigen, haben aber entsprechenden Druck“, sagte Dreesen, der mit Blick auf die kommenden Wochen (Celtic, Leverkusen, Frankfurt, Stuttgart) von „einem heißen Tanz“ sprach. Als „entscheidende Woche“ ordnete auch der seit Samstag 30 Jahre alte Kimmich ein, Eberl gab dem Team mit auf dem Weg: „Auswärts haben wir in der Champions League noch nicht brilliert. Da können wir uns steigern.“ Zumal die Statistik noch ernüchternder ist, wenn man die K.o.-Runde aus dem Vorjahr (zwei Pleiten, ein Unentschieden) dazu nimmt.
Ein Aus auf der „Ehrenrunde“ (Eberl), wäre der Super-GAU. Dreesen ist sich immerhin sicher, dass die Spieler – mit Ausnahme des wegen einer Grippe wohl fehlenden Joao Palhinha – „bereit“ sind. Ob das für Füße und Köpfe gilt? Der Boss lachte: „Mein Kopf ist bereit – aber der ist auch nicht entscheidend.“ Wohl wahr.
HANNA RAIF, VINZENT TSCHIRPKE