„Rena war der schönste Zweikampf“

von Redaktion

Markus Schwabl und seine Frau im Interview über Flirtversuche, Fußball und Familie

Wie ist das eigentlich, wenn der Mann nicht nur Fußball-Profi, sondern gleich auch noch Sportdirektor ist? Und der Schwiegervater der Präsident des Vereins? Alles Haching, oder was? In ihrem ersten Doppel-Interview sprechen Markus Schwabl und Rena Schwabl über Nachrichten auf Facebook, Emotionen für den Fußball – und eine schlechte Traurede.

Rena, Rückblick ins Jahr 2015. Sie waren mitten im Jura-Studium, hatten zum Fußball keine großen Berührungspunkte. Bis ein Fußballprofi mit dem Namen Markus Schwabl kam …

Rena: Die erste Nachricht hat Markus mir auf Facebook geschrieben. Da sieht man mal, wie steinalt wir schon sind (lacht). Wir haben immer mal wieder geschrieben, ab und zu habe ich auch nicht geantwortet. Ich hatte Fußballspielern gegenüber krasse Vorurteile. Damals habe ich mich vielleicht eher mit einem Akademiker gesehen (lacht). Aber Markus hat sich echt ins Zeug gelegt, die Nachrichten wurden immer länger. Zum ersten Treffen hat er ein Magazin der SZ mitgebracht, um mir einen Artikel zu zeigen. Die nächsten zehn Jahre habe ich ihn nie wieder mit einem SZ-Magazin gesehen. In der Uni habe ich ein Tutorium gehalten, da hat er sich reingesetzt und sich ein paar Jura-Begriffe gemerkt.

Markus, Sie sind also nicht nur auf dem Platz ziemlich hartnäckig.

Markus: Ich habe mich da reingebissen, Rena war einer der schwersten Zweikämpfe – und der schönste natürlich (lacht). Nach eineinhalb Jahren haben wir uns verlobt, kurz bevor ich nach England gewechselt bin. Den Antrag habe ich in Rom vor dem Trevi Brunnen gemacht. Wir haben uns verlobt, bevor wir überhaupt zusammengezogen sind. Wir haben immer schon alles ein bisschen anders gemacht als die Norm. Deshalb passen wir vermutlich auch so gut nach Haching (lacht).

Rena, wie war es plötzlich in den doch speziellen Fußball-Kosmos einzutauchen?

Rena: Das war schon krass. Ich bin in eine völlig neue Welt gekommen. Ich habe mir über Fußball nie wirklich Gedanken gemacht. Ich wusste nicht, dass es auch eine zweite oder dritte Liga gibt.

Markus: Sie wusste nicht mal, was eine Mittellinie ist.

Rena: Ich glaube, dass das Umfeld in der 3. Liga nochmal spezieller ist. Weil es eben nicht um Millionen und Ferraris geht. Ich habe schnell festgestellt, dass der Fußball ein Querschnitt der Gesellschaft ist. Die Vorurteile haben sich relativ schnell gelegt. Und es ging sehr schnell, dass ich mir jedes Spiel angeschaut habe.

Sie haben am Tegernsee geheiratet. Trauzeuge Manni Schwabl musste sich an dem Tag um die Lizenz für die 3. Liga kümmern, hat es aber noch rechtzeitig zur Trauung geschafft.

Markus: Beim Standesamt hat er mich gefragt: Soll ich wirklich unterschreiben? Jetzt hast du noch die Chance (lacht). Er hat die schlechteste Rede jemals gehalten. Das war zu später Stunde, 23:30 Uhr. Er hat das Mikrofon genommen und gesagt: Ich war schon mal ein schlechter Trauzeuge, das war beim Hans Dorfner auf der Hochzeit. Und ja, i geh jetzt ins Bett, schönen Abend noch!

Rena, nach einer Niederlage konnten Sie Markus mal über Stunden nicht erreichen, das Handy war einfach aus. Wie schwierig war es anfangs, diese Emotionen, die er auf dem Fußballfeld und auch außerhalb erlebt, nachvollziehen zu können?

Rena: Das Handy war acht Stunden aus. Da hatten wir schon Diskussionen. Mir war wichtig, dass die Emotionen mit mir geteilt werden. Dann war ich nach Spielen genauso wütend und die Schiedsrichterleistung hat mich auch aufgeregt (lacht).

Markus: Anfangs war ich nach einem verlorenen Spiel einfach sauer. Da hat mich nicht interessiert, ob ich eine Freundin habe oder nicht. Ich dachte mir: Was will die denn? Rena hat mir gesagt, dass sie einfach nur wissen wollte, ob wir nicht irgendwo mit dem Bus verunglückt sind. Ich habe verstanden, dass sie einfach nur teilhaben wollte an meinen Emotionen, daran, wie ich mich gerade fühle. Ich kannte es nicht anders. Mein Vater war genauso, der hat nach einem verlorenen Bundesligaspiel zwei Tage nicht geredet.

Es gibt ein Bild nach dem DFB-Pokalsieg über Augsburg. Manni umarmt Maskottchen Fonsi, Markus jubelt, Tochter Ella tanzt auf dem Rasen.

Markus: Das Bild sagt schon viel aus, worum es sich in unserem Leben dreht. Für Ella ist das hier wie ein Zuhause, sie hat hier im Wirtshaus sogar schon einen Stammplatz, auf dem keiner sitzen darf, sobald sie kommt. Als Rena im Examensstress war, war Ella jeden Tag mit hier. Sie war auch bei Transfergesprächen mit dabei. Ich finde das total cool, ich bin damals in der Tennishalle meiner Eltern aufgewachsen. Für Ella ist das hier wie ein riesiger Spielplatz. Der Opa ist auch da und vom Koch bekommt sie vier Kugeln Eis, besser geht es doch nicht (lacht). Das Bild zeigt das, was wir bei Haching leben und vermitteln wollen: Wir sind ein familiärer Verein, immer mit einem starken Blick auf soziale Themen. Hier soll sich jeder wohlfühlen.

In der letzten Saison gab es von Teilen der Ultras Anfeindungen gegen Sie, die Familie wurde beschimpft. Was macht das mit einem, wenn man so sehr für den Verein brennt?

Markus: Es gab immer ein sehr kontroverses Verhältnis zu den Fans, das ich absolut nicht nachvollziehen kann. Früher hat mich das richtig fertig gemacht. Ich dachte mir: Wenn ich alles gebe, alles auf dem Feld lasse, wird das auch honoriert. Zwischendurch war das Verhältnis echt wieder positiv. Die letzte Saison war dann brutal. Es gab Spruchbänder gegen die „Sippschaft Schwabl“. Nach einem Spiel musste ich mit Polizeischutz begleitet werden, die Fans wollten mich zur Rede stellen. Bei 60 wurde mal der Bus abgefangen, bei Aalen haben 50 Vermummte auf dem Parkplatz gewartet. Aber bei Haching? Ich kann vollkommen verstehen, dass man dem Unmut mal Luft machen muss. Aber doch bitte in einem Rahmen ohne Gewalt und diesen Hass. Gewaltbereitschaft im Fußball werde ich nie verstehen, nie tolerieren und mich immer dagegen zur Wehr setzen.

Rena: Das hatte auf mich den Einfluss, dass ich nicht mehr ins Stadion gekommen bin. Ich wollte auch nicht, dass Ella davon mitbekommt. Wie soll ich einer Vierjährigen erklären, warum der Opa und der Papa bei manchen Menschen verhasst sind? Das sind ja ihre Helden. Wie kann es sein, dass eine Familie nicht mehr ins Stadion gehen möchte, weil man Sorge hat? Ich bin ständig in Stadien. Bei den Männer-Spielen überlege ich mir ganz genau: Was ziehe ich an? Wie komme ich nach dem Spiel wieder weg? Bei den Frauen habe ich das gar nicht. Diese Fankultur im Fußball hat wirklich was Wunderschönes, wenn so viele unterschiedliche Menschen zusammen singen und hüpfen. Aber leider gibt es da immer wieder auch diese negative Energie, die den Sinn von Sport und Gemeinschaft komplett zerstört.

Zu den schönen Seiten des Fußballs gehören zweifelsfrei Traumtore. Wie von Ihnen, Herr Schwabl, vor einigen Jahren aus 35 Metern gegen Braunschweig. Rena hatte Ihnen vorher versprochen, dass Sie bei einem Treffer den Babyjubel machen dürfen.

Rena: Mein erster Gedanke war: Du willst mich doch verarschen (lacht). Er hatte vorher acht Jahre lang nicht getroffen. Ich wollte die Schwangerschaft erstmal für mich behalten. Dann schießt er dieses Tor und mein Handy ist explodiert. So ist das mit Markus: Du weißt nie, was du bekommst.

Markus: Ich würde auch gerne noch etwas loswerden.

Gerne!

Markus: Rena hat alle guten Zeiten mitgemacht, alle schlechten Zeiten. Sie ist immer bedingungslos hinter mir gestanden, hat oft zurückgesteckt. Als ich überlegt habe, ob ich nach England wechseln soll, hat sie sofort gesagt: Natürlich machst du das. Wir ziehen das zusammen durch. Als Frau eines Fußballprofis trägt man ja irgendwie auch jahrelang den Lebensstil des Mannes mit. Daher finde ich es umso cooler, dass sie jetzt auch im Fußball unterwegs ist. Sie ist ihren eigenen Weg gegangen, ohne Hilfe von Manni oder mir. Wir haben es geschafft, ein Gleichgewicht im Leben, in unserer Beziehung zu finden. Wir halten uns gegenseitig den Rücken frei. Da bin ich echt stolz drauf!

INTERVIEW: NICO-M. SCHMITZ

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