Mut zur Melancholie

von Redaktion

Schauspieler Jürgen Tarrach hat ein Fado-Album aufgenommen – seine Hommage an Portugal

Eine Städtereise ohne freie Partnerwahl hatte Jürgen Tarrach seiner Frau zum Geburtstag geschenkt und sich damit gleich selbst einen Wunsch erfüllt: Lissabon kennenzulernen. Dass die portugiesische Metropole sein Herz im Sturm erobern und sogar mal sein Arbeitsplatz werden würde, ahnte der Schauspieler damals noch nicht. Seit 2018 ist der 58-Jährige regelmäßig als Rechtsanwalt Eduardo Silva im „Lissabon Krimi“ der ARD zu sehen. Die morbide Kulisse und die melancholische Musik der Portugiesen haben es Tarrach angetan: Nun erschien sein deutschsprachiges Fado-Album mit dem Titel „Zum Glück traurig“ bei Sony Music.

Können Sie die „schöne Traurigkeit“ beschreiben, die Sie besingen?

Es ist das Gefühl, das man bekommt, wenn man Fotos der Kinder anschaut. Bilder aus den Tagen, als sie durchs Wohnzimmer getobt sind und Theater gespielt haben. In solchen Momenten habe ich immer ein Lächeln im Gesicht, und gleichzeitig macht es mich traurig, dass diese schöne Zeit vorbei ist. Diese Mischung aus Glücksgefühl und Traurigkeit finde ich sehr spannend.

Was fasziniert Sie speziell am Fado?

Er ist ja eine Art Wehklage- Gesang, der die Melancholie feiert. Im Fado werden Verluste besungen. Es geht ums Abschiednehmen, um Verlorenes, Vergangenes und Sehnsüchte. Ich mag Musik, die so eine starke Emotionalität besitzt. Nur-gute-Laune-Songs kommen mir schnell zu den Ohren raus.

Die sind in Deutschland aber besonders beliebt. Warum wehren wir uns gegen die Wehmut?

Weil wir, glaube ich, ziemlich sachlich gestrickt sind. Auch in der Kunst. Melancholie ist in Deutschland immer noch für viele das Symptom einer Gemütskrankheit und nicht wie in Frankreich und Portugal Sinnbild für zutiefst menschliches Sein.

Sind Sie ein gefühlvoller Mensch?

Durch und durch. Den Weg, den ich gegangen bin, habe ich nie intellektuell durchdacht. Meine Entscheidungen fälle ich aus dem Bauch heraus.

So haben Sie sich auch spontan in Lissabon verliebt – was sehen oder fühlen Sie, wenn Sie die Augen schließen und an die Stadt denken?

Das Schönste an Lissabon ist für mich das Licht mit seinen zarten Pastelltönen. Und dann liebe ich die Winddramaturgie, die diese Stadt hat. Wenn wir im September wieder mit den Dreharbeiten für den „Lissabon Krimi“ beginnen, ist es tagsüber oft noch recht heiß. So ab 17 Uhr aber weht der Wind vom Atlantik durch die Gassen. Dann gibt es nichts Schöneres, als bei einem der Miradouros – das sind die verschiedenen Aussichtspunkte – zu sitzen und über die Dächer der Stadt zu schauen.

So gesehen ist Ihre Fernsehrolle als portugiesischer Anwalt ein echter Glücksgriff, oder?

Und wie! Zwei Monate in dieser Stadt leben und drehen zu dürfen, ist einfach großartig. Ich wohne dann in einem kleinen Apartment mitten im Bairro Alto und lasse mich durch die Altstadt treiben.

Klingt nach Urlaub…

Ich weiß – drehen ist aber auch anstrengende Arbeit. Die Tage sind lang, und wenn ich als Anwalt bei 30 Grad im Anzug mit Weste und Halstuch durch die Gassen renne, laugt das ganz schön aus.

Werden Sie als Eduardo Silva demnächst auch im Krimi singen?

Hervorragende Idee! (Lacht.) Das könnte ich mir wirklich gut vorstellen. Lissabon ist eine Stadt voller Musik. Da ließe sich der Fado gut in die Handlung einbauen.

Das Gespräch führte Astrid Kistner.

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