System von Männerbünden?

Die Gleichstellungsbeauftragte des BR wirft nach sechs Jahren hin – „Beschämend“, findet eine Grünen-Politikerin

VON DIRK WALTER

Neue Unruhe beim BR: Die langjährige hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte Sandra David wirft hin. Sie werde keine dritte Amtszeit anstreben, erfuhr unsere Zeitung. Die gebürtige Augsburgerin war zuletzt wiederholt angeeckt. Unter anderem war sie Ende vergangenen Jahres Mit-Initiatorin eines offenen Briefes von 23 Rundfunkräten und -rätinnen an den Intendanten. Es ging darum, Positionen der zweiten Führungsebene, also etwa Fernsehdirektoren, künftig auszuschreiben.

Bisher werden solche Positionen auf Vorschlag von BR-Intendant Ulrich Wilhelm besetzt. Würden sie jedoch ausgeschrieben, hätte auch Sandra David als Gleichstellungsbeauftragte eine Veto-Position gehabt. „Ausschreibungen bringen Klarheit und Transparenz hinsichtlich des Anforderungsprofils“, heißt es in dem Brief.

Zudem war beim BR strittig, ob das Amt der Gleichstellungsbeauftragten künftig aufgewertet und Zuständigkeit für Diversität allgemein bekommen sollte – der BR also bei der Neubesetzung von Stellen zum Beispiel auch Migranten berücksichtigen müsse. So ist es schon in anderen ARD-Anstalten. Innerhalb der ARD hatte David als Vertreterin in der Europäischen Rundfunkunion (European Broadcasting Union) einiges Gewicht gehabt.

Die Münchner Landtagsabgeordnete der Grünen und Rundfunkrätin Sanne Kurz bewertet die Ankündigung von David, ihr Amt aufzugeben, als Rückschlag für die Gleichstellung. Gerade in der Corona-Krise seien Frauen wieder „unsichtbarer“ geworden, weil sie verstärkt ins Homeoffice gegangen seien und auch die Kinderbetreuung vor allem ihnen zugefallen sei. Umso wichtiger sei es, in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf adäquate Stellenbesetzung auch mit Frauen zu achten. Es sei „traurig, demotivierend und beschämend“, wenn kompetente Frauen immer wieder scheiterten. „Man kann nur hoffen, dass hier kein System von weißen Männerbünden dahintersteckt.“

Der BR erklärt auf Anfrage: „Das Bayerische Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern gibt vor: ,Die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten erfolgt für die Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung.‘“ Sandra David habe das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zwei Amtszeiten und damit sechs Jahre übernommen. Die zweite Amtszeit laufe nun zum 31. Oktober 2020 regulär aus. Weiter heißt es: „Der BR hat sich schon bei der ersten Berufung für einen regelmäßigen Wechsel in der Position entschieden.“ Frau David werde weiterhin im Haus tätig sein.

Zu dem eingangs erwähnten offenen Brief und der Frage der Neubesetzung wichtiger Posten erklärt Sendersprecher Markus Huber: „Die Initiative eines Teils des Rundfunkrates ist im dafür zuständigen Ausschuss für Grundsatzfragen und Medienpolitik (AGM) bereits ausführlich und differenziert in der Sitzung vom 10. März diskutiert worden. Es gab einen Vorschlag, der für die nächste Sitzung am 10. Juli konkretisiert werden soll.“ Die turnusmäßige Sitzung des AGM im Mai musste Corona-bedingt entfallen.

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Montag, 4. Dezember 2023
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