Bringen sie das Ermittler-Trio von „München Mord“ auseinander? Die Sportfreunde Stiller haben einen Gastauftritt. © babirad
Ja, verreck! Da kann einem als Zuschauer ja angst und bang werden. Fliegt jetzt etwa das wunderbare Ermittler-Trio von „München Mord“ auseinander? Ist alles aus und vorbei – nur weil plötzlich ein wirklich krasses Angebot ins Polizeipräsidium purzelt? „Ich habe die Chance, mit einer Band auf Tour zu gehen“, eröffnet nach einigem Hin und Her Kommissarin Flierl den Kollegen Neuhauser und Schaller. Denen freilich rutscht das Herz sauber in die Hose – und dem Publikum der ZDF-Reihe gleich mit. Eh klar.
Dabei heißt der neue „München Mord“-Film doch ausgerechnet „Nix für Angsthasen“. Das Zweite zeigt den Jubiläumsfall – es ist der 20. Krimi – an diesem Samstag um 20.15 Uhr; in der Mediathek ist er bereits abrufbar. Der Titel, den Regisseur und Autor Matthias Kiefersauer und sein langjähriger Drehbuch-Komplize Alexander Liegl gewählt haben, mag niedlich klingen. Doch spätestens als klar ist, bei welcher Truppe das „Frollein Flierl“ anheuern soll, wird’s bierernst. Denn – Achtung, Spoiler! – die Sportfreunde Stiller wollen die musikalische Kriminalerin aus dem Trott des Kommissariats befreien und mit auf Welttour nehmen. Musik für die Massen statt Morde in München. Ein Angebot, das frau kaum ablehnen kann.
Nicht verraten wird an dieser Stelle, wie sich Flierl am Ende der kurzweiligen 90 Minuten entscheidet. Schließlich gilt es vor allem, einen Mord aufzuklären. Wobei zunächst unklar ist, ob der Versicherungsvertreter Bojanski nicht doch auf natürlichem Weg in die ewigen Jagdgründe abberufen wurde. Die Formulierung ist kein Zufall, schließlich ist der scheinbar Unscheinbare nicht nur ins Herz einer einzigen Frau gepirscht. Das ist nur eine der vielen Entdeckungen, die Schaller, Neuhauser und Flierl während der Ermittlungen machen. Der Fall reicht zudem in die Vergangenheit zurück: Bojanski hatte einst einen Überfall auf einen Kiosk verhindert. Der Täter ist jetzt raus aus dem Knast – und scheint geläutert. „Zuhören und reden, backen und beten“, lautet sein lammfrommes Credo inzwischen. Seine Opfer von damals wollen ihm das nicht so recht glauben.
„Die Angst kommt einfach so“, heißt es an einer Stelle des Films. Sie ist das Über-Thema, das den Krimi durchzieht – und es ist eine Stärke des Drehbuchs, dass es gelingt, von den vielen Ausprägungen dieses Gefühls zu erzählen, ohne akademisch zu verkopfen.
Vor allem ist diese Folge von „München Mord“ nämlich ein auf den Punkt inszenierter Film, der ein gutes Tempo hat. An Kleinigkeiten ist gut zu erkennen, wie gewissenhaft und mit wie viel Liebe Kiefersauer gearbeitet hat. Als Beispiel sei nur jener elegante Szenenwechsel genannt, bei dem der Regisseur zwei völlig verschiedene Schauplätze mit dem Motiv eines Wasserkochers verwebt. Da macht das Zuschauen wirklich Freude.
Das gilt auch für Nathalie Wiedemanns Kameraarbeit. Sie rückt immer wieder Details in den Fokus, geht nah ran an Requisiten und Gesichter, sucht bei Letzteren vor allem die Augen der Schauspielerinnen und Schauspieler. Das macht alle Figuren nah- und deren jeweilige Ängste nachvollziehbar. Dass hier und da an der Grenze zu Karikatur und Slapstick getänzelt wird – geschenkt. Schließlich spielt die Reihe in München, das in seinen besten Momenten einen Hang zur Operette hat.
Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier und Alexander Held gestalten ihre Ermittler gewohnt und herrlich charmant. Dem Trio gelingt es, die Allianzen, Eitelkeiten und Konflikte zwischen Flierl (Kostümbildnerin Theresia Wogh hat einen großartigen Style für diese Figur entwickelt), Neuhauser und Schaller exakt herauszuarbeiten und dennoch als Team zu agieren.
Das Skript bietet ihnen dazu bestes Futter. Die Dialoge sind schlank, münchnerisch und liefern oft herrliches Pointen-Pingpong. Dass es den beiden Autoren indes gelungen ist, Liedzeilen derart geschickt in ein alltägliches Gespräch zu integrieren, sodass dies ganz und gar harmonisch wirkt, ist ein großer Spaß.
Und nicht nur dafür hat dieser Film (mindestens) ein Kompliment verdient.
MICHAEL SCHLEICHER
Sendehinweis
„München Mord:
Nix für Angsthasen“ läuft an diesem Samstag, 20.15 Uhr,
im ZDF sowie jederzeit in der ZDF-Mediathek.