INTERVIEW

Jürgen schiebt keine ruhige Kugel

von Redaktion

Entertainer von der Lippe über das Alter, Handys und seine künstlerischen Anfänge

Als sich Jürgen von der Lippe zum Interview in der Redaktion ankündigt, ist die Begeisterung groß. Gewohnt tiefenentspannt gibt sich der 76-Jährige aus dem nordrhein-westfälischen Kreis Lippe – daher der Künstlername des Herrn Dohrenkamp – beim Gespräch.

Ihr Lieblingsverein?

Alemannia Aachen. Hier wuchs ich auf, und die Kartoffelkäfer wurden mein Club.

Warum Kartoffelkäfer?

Wegen der Vereinsfarben Schwarz-Gelb.

Es gibt mehrere kaum glaubliche Fakten in Ihrer Biografie.

Dann schießen Sie mal los.

Ihre Haarfarbe. Die ist doch nicht echt, oder?

Die ist natürlich echt. Wie blöd müsste ich sein, dass ich den weißen Bart nicht mitfärben würde? Aber die Haare werden weniger. Das Testosteron fällt ab, bei Frauen bleibt das Östrogen gleich. Meine Frau sagt mir, ich solle die Haare kurz schneiden, bevor ich eine Platte habe. Nicht dass ich irgendwann mal die kärglichen langen Reste über die Glatze lege. Ich bin dagegen und sage ihr, das könne sie ja dann bei sich machen.

Sie sind ein Nosophobiker. Was ist das bitteschön?

Ein Nosophobiker hat ständig Angst, krank zu werden. Das ist nicht zu verwechseln mit einem Hypochonder, der ja überzeugt ist, unter bestimmten Krankheiten zu leiden, und die keiner findet.

Seit wann sind Sie das?

Dass es das gibt, weiß ich erst seit ein paar Jahren. Aber ich stehe seit 53 Jahren auf der Bühne, später kam das Fernsehen dazu. Das war ein Problem. Es tut nicht gut, wenn man krank im Bett liegt, da hängen ja viele Termine dran, die Leute. Man versucht, Krankheiten zu vermeiden. Mit Nahrungsergänzungsmitteln, mit Vorsorge, mit Sport, mit gesunder Lebensführung, mit viel Schlaf.

Und – halten Sie sich dran?

Ja. Beim regelmäßigen Essen. (Grinst.) Und ich schlafe acht Stunden. Das heißt, ich ruhe acht Stunden, ich habe einen leichten Schlaf. Meine Frau braucht keine Sekunde, bis sie im Reich der Träume ist. Sie schläft ein und schnarcht. Aber das macht nichts.

Sind Sie bei Menschen ähnlich gnädig, die einen auf der Straße anrempeln, weil sie auf ihr Handy starren?

Die sollen machen, was sie wollen. Ich finde das witzig, wenn im Kino ein Film läuft und Leute währenddessen ihre Mails checken. Einfach erheiternd. Was soll ich mich aufregen, das ist ja nicht gegen mich gerichtet. Obwohl – das stimmt nicht. Wenn ich auf der Bühne stehe und in der ersten Reihe jemand permanent aufs Handy stiert oder es sogar klingelt, dann stört mich das.

Das Thema Gendern senkt Ihren Blutdruck allerdings auch nicht, wenn ich mich recht entsinne.

Beruflich ist das aber ein toller Stoff. Ich gehe da keinem Streit aus dem Weg, aber wenn jemand möchte, dann erkläre ich ihm, dass Gendern erstens hässlich und zweitens falsch ist. Dass uns das oktroyiert wird, ist eine Unverschämtheit. Nach der allerneuesten Umfrage lehnen 82 Prozent der Frauen und 78 Prozent der Männer das Gendern ab – noch vier Prozent mehr Frauen als Männer. Es gibt 200 Lehrstühle für Genderforschung, aber nur sechs für Kernforschung.

Sind Sie denn für Atomkraft?

Ja, das bin ich. Die Kernkraft muss wiederbelebt werden, natürlich nicht durch Hochfahren der stillgelegten, sondern durch moderne neue. Die Kernkraft ist die sicherste Energie noch vor der Windkraft, und es gibt Entwicklungen, dass sie völlig ungefährlich wird. Es gab keinen einzigen Toten durch Atomenergie in Deutschland. Wir haben nun einmal nicht immer Wind und Sonne.

Kommen wir zu schöneren Themen. Wie wäre es mit der holden Kunst?

Ich spiele Blockflöte. Ich habe vier Jahre lang „Stille Nacht“ geübt und möchte es so schnell spielen wie niemand zuvor. Also reif fürs Guinnessbuch. „Alle Jahre wieder“ kann ich auch sehr flott, aber da ist so ein blödes Intervall drin, das die Finger nicht so schnell hinkriegen. Und klar: Das Tempo muss durchgehend passen, ich kann nicht da, wo es geschmeidig läuft, schneller spielen. Aber ich lasse die Pausen weg.

Sie lassen die Pausen weg?! Buh!

Bei Rekordversuchen muss die Kunst zurückstehen.

Können Sie sich eigentlich noch an Ihre erste künstlerische Gage erinnern?

Das war während der Studentenzeit. Fünf Mark und zwei Freibier. Das hat sich dann allmählich gesteigert, und als die erste Platte herauskam, ging es nochmals steil aufwärts. Mit den Gebrüdern Blattschuss. Wobei wir alle den Hit „Kreuzberger Nächte“ nicht mochten, der lag schon jahrelang in der Schublade. Doch die Kulturgeschichte ist über unseren Hochmut hinweggeschritten.

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