INTERVIEW

Eine heiße Phase

von Redaktion

Schauspielerin Jule Ronstedt über ihr neues Buch „Menomorphosen“

„Männer kommen und gehen, Freundinnen bleiben“, sagt Schauspielerin und Regisseurin Jule Ronstedt. © C. Hartmann

Sie ist eine von neun Millionen Frauen in Deutschland, die gerade in der „heißen Phase“ stecken, sprich, die in den Wechseljahren sind. Körperliche Veränderungen gehen mit emotionalen Achterbahnfahrten einher, dazu kommen oft existenzielle Veränderungen, wie Trennungen vom Partner, oder der Auszug der Kinder, wie bei der MünchnerinJule Ronstedt (54). Die Schauspielerin (u. a. Kammerspiele) und Regisseurin („Maria Mafiosi“) spürte dieser Veränderung sehr genau nach. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie über ihr jüngst erschienenes Buch „Menomorphosen“.

Es gibt zurzeit massenhaft Bücher, Podcasts und Vorträge über das Thema Wechseljahre. Was hat Sie inspiriert?

Ich wollte dem Thema nicht auf der Sachbuchebene begegnen, sondern auf der emotionalen. Was machen die Wechseljahre mit uns Frauen? Was sind unsere Gedanken, unsere Gefühle. In 26 Geschichten habe ich mich dem genähert und die Frauen jeweils aus ihrer Perspektive erzählt, spürbar gemacht.

Zum Beispiel?

Ich habe gesehen, wie nicht nur ich, sondern auch meine Freundinnen auf einmal an existenzielle Grenzen stoßen. Da gab es viele unschöne Trennungen, Krankheitsdiagnosen, Abschiede, zum Beispiel vom Jungsein, von den Kindern. Ich hatte sehr damit zu kämpfen als meine Tochter auszog. Ich war auf einmal alleine in der Wohnung. Es war, als hätte jemand den Schalter umgelegt und das Familienleben beendet. Und obwohl ich einen Teil dazu beigetragen habe – mein Mann und ich haben uns vor sechs Jahren getrennt – hat es ziemlich lang gedauert, bis ich mich wieder emotional gefangen habe.

Sie haben die Erlebnisse Ihrer Freundinnen in Geschichten verarbeitet?

Es gibt höchstens Paten für die einzelnen Geschichten, aber die Figuren sind immer fiktionalisiert. Ich habe auch recherchiert und sehr interessante Gespräche mit einer Gynäkologin, einer Psychologin und mit Dermatologen geführt.

Sie meinen, es ist nicht nur alles negativ in dieser Zeit?

Überhaupt nicht. Die Frauen, und natürlich auch Männer, sollen, wenn sie das Buch zuklappen, froh sein und bereichert, nicht schlecht gelaunt. Sie sollen merken, dass sie nicht alleine sind.

Warum liegt Ihnen das so am Herzen?

Mir geht es um die Sichtbarkeit von Frauen ab 50. Den gesellschaftlichen Zusammenhang. Warum werden wir, gerade in Film und Fernsehen, so weggewischt? Sind Frauen in unserem Alter nicht mehr erzählenswert?

Fühlen Sie sich eigentlich alt?

Gar nicht! Ich bin froh, dass ich nicht mehr so ein putziges Mädel bin. Aber alt, davon bin ich noch weit entfernt. Wir Frauen werden alt, die Lebenserwartung liegt bei fast 84 Jahren! Bei der Generation unserer Mütter war das anders. Meine Mutter – und das hat mich sehr gerührt – hat gesagt, sie hätte das Buch gern früher gelesen, als sie Mitte 40 war. Früher hat man die Wechseljahre als etwas rein Körperliches gesehen: Man wird als Frau ein wenig dicker und schwitzt.

Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

Ich denke mir manchmal, meine Freundinnen bleiben mir immer. Die Männer kommen und gehen. Am Schluss müssen wir dann doch die Frauen-WG gründen. Im Ernst, meine Freundinnen sind total wichtig in meinen Leben. „Wir sind das Rudel!“ ist ein Zitat aus meinem Buch und das fühle ich auch so.

Und wer gehört dazu?

Unter anderem auch Anna Schudt, Julia Koschitz und Sophie von Kessel. Mit denen habe ich „Menomorphosen“ als Hörbuch eingesprochen. Das war richtig beglückend, dass sie alle mitgemacht haben.

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