München/Berlin – Die Chemieindustrie warnt vor einem Kollaps des Standorts Deutschland. Es drohe ein gigantischer Strommangel, sagte Markus Steilemann, Präsident des Chemieverbands VCI, der „Bild“. Der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Ausbau der Windkraft sei nicht zu stemmen. Bis 2030 müssten jeden Tag zehn Anlagen gebaut werden. „Das möchte ich mal sehen, wie wir das auf den Weg kriegen.“ Deutschland drohe der Absturz „vom Industrieland zum Industriemuseum“. Die Chemieindustrie ist von der Energieknappheit besonders betroffen, da sie viel Strom braucht. Um wie geplant ab 2045 schadstofffrei produzieren zu können, bräuchte sie mehr Strom, als bisher insgesamt in Deutschland erzeugt wird.
Die Spitzenverbände der Kommunen äußerten sich gestern enttäuscht über den Ausgang des Bund-Länder-Gipfels. „Wir vermissen ein klares Signal zur richtigen Zeit“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU). Von der geplanten Gaspreisbremse müssten auch die Städte und ihre Einrichtungen profitieren. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, forderte: „Die Preisdeckel für Strom und Gas müssen so schnell wie möglich kommen.“ Der Deutsche Städte- und Gemeindebund kritisierte auch die fehlende Einigung zur Finanzierung der Unterbringung von Flüchtlingen.
Minister Habeck warf unterdessen den USA und anderen befreundeten Gaslieferstaaten vor, „Mondpreise“ für Gas zu verlangen. Darüber müsse man sprechen. Er erwarte Solidarität zur Dämpfung der Gaspreise. Die EU müsse zudem ihre Marktmacht klug bündeln.