Pendlerstress: So bleibt Ärger auf der Strecke

von Redaktion

Ein Psychologe gibt Tipps für einen entspannten Umgang mit langen Arbeitswegen

Hannover – Stau, ausgefallene Züge, verplemperte Zeit: Pendeln empfinden viele als stressig und tragen die aufgestaute schlechte Laune nach Hause. Das kann Familien belasten und das Trennungsrisiko erhöhen, sagt Psychologe Dennis Dal Mas. Im Interview gibt er Tipps, wie man Pendelärger reguliert, und spricht über das Für und Wider von Homeoffice.

Herr Dal Mas, wegen der Corona-Pandemie waren viele Menschen im Homeoffice und sind es oft auch noch. Was dadurch wegfiel, war das teils lange Pendeln zum Arbeitsplatz und der damit verbundene Stress. Ein positiver Aspekt aus ihrer Sicht?

Das hat auf jeden Fall positive Seiten. Zum Beispiel, dass man oft flexibler mit der Arbeit beginnen und etwa Familienangelegenheiten dadurch flexibler mit erledigen kann. Man hat einen größeren Komfort und womöglich ein gesteigertes Wohlbefinden. Es gibt Untersuchungen, wonach gerade längere tägliche Wege zur Arbeit Familien belasten können und das Trennungsrisiko erhöhen, weil sich Stress aufbauen kann, den man auf die anderen daheim überträgt.

Sehen Sie auch Schattenseiten am Homeoffice?

Man muss die Abgrenzung hinbekommen. Die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit verschwimmen im Homeoffice. Hier ist es wichtig, sich eine klare Struktur für seinen Tag zu machen und Arbeitszeiten festzulegen. Wer Kinder hat, sollte sich gut mit seiner Partnerin oder seinem Partner absprechen: Wann sind die Zeiten, in denen man Ruhe braucht und keiner rein gestürmt kommen sollte? Außerdem fällt natürlich das soziale Gefüge mit Kolleginnen und Kollegen zu großen Teilen weg, wenn man sich nie persönlich trifft. Um eine Art von Zusammengehörigkeit zu entwickeln, ist es besser, wenn man sich immer mal wieder in persona sieht. Insofern finde ich eine Kombination von Homeoffice und Präsenz im Büro ganz gut.

Womit wir zurück beim Pendeln wären. Wie fährt man runter und lässt die schlechte Laune auf der Strecke?

Das ist sehr individuell – es gibt nicht die eine Sache, die allen hilft. Man muss sich da selbst kennenlernen. Eine Sache, die man aber meist gut machen kann, sind Achtsamkeitsübungen. Wenn man den Fokus auf etwas anderes richtet, lenkt man sich ab von dem Stress und negativen Gedanken. Beispiele: Ich fokussiere mich auf vier Dinge im Raum. Was sehe ich? Das klappt analog auch übers Hören: Was höre ich gerade? Oder übers Fühlen: Mit den Händen Dinge berühren und sich ganz bewusst darauf konzentrieren. Für viele ist es auch ein guter Ausgleich, sich regelmäßig in der Natur zu bewegen. Generell ist Sport eine ratsame Kompensation. Wer kann, macht das schon auf der Arbeit zur Gewohnheit und nutzt kleine Pausen, um aktiv zu sein. Insgesamt ist es meiner Einschätzung nach am besten, wenn man mit dem Rad oder zumindest mit der Bahn anstatt des Autos pendeln könnte. Mit dem Rad ist man aktiv und im Zug bleibt zumindest oft noch Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Mir ist natürlich klar: Viele können zum Pendeln nicht aufs Auto verzichten.

Interview: Tom Nebe

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