Der traurigste Gorilla der Welt

von Redaktion

Hoffnung für einsames Weibchen in Bangkok – Neue Heimat in deutschem Zoo?

Bangkok – Bua Noi liegt apathisch in der hintersten Ecke ihres Käfigs. 10 mal 20 Meter ist ihr Gefängnis groß, umgeben von Gitterstäben und dickem Glas. Sonnenlicht fällt nur an einer Stelle ein, ringsum Beton, ein paar Seile und ein alter Autoreifen sollen dem Gorilla-Weibchen die Zeit vertreiben – seit mehr als 30 Jahren. Aber die Menschenmenge im privat betriebenen Pata Zoo auf dem Dach eines alten Einkaufszentrums in Bangkok will mehr sehen. Und so lockt ein Mitarbeiter Bua Noi („Kleiner Lotus“) mit einem Trinktütchen Milch. Schließlich rafft sie sich langsam auf und kommt näher.

Dutzende Handys filmen und fotografieren das traurige Tier, den einzigen Gorilla im ganzen Land. Die Primatin blickt mit leeren Augen auf ihr Publikum. „Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt“, dichtete Rainer Maria Rilke einst über einen Panther. Die Zeilen scheinen wie für Bua Noi geschrieben. Sie ist der Kassenschlager des Pata Zoos. Als „Horror-Zoo“ wird das düstere Areal, in dem hunderte Affen, Reptilien und Vögel dahinsiechen, auch oft betitelt.

Immer wieder gab es Versuche, Bua Noi in eine Umgebung umsiedeln zu lassen, in der sie ihre letzten Lebensjahre in Würde und inmitten von Natur verbringen kann. Zahlreiche Tierschützer und Prominente wie Pop-Ikone Cher haben sich schon für sie starkgemacht. Eine Petition auf Change.org haben bisher etwa 117 000 Menschen unterschrieben. „Sie leben allein, in einer Welt aus Beton und Stahl, ohne jegliche Stimulation. Ein Leben voller Langeweile und Einsamkeit ist für unsere großen Primaten-Cousins das grausamste Schicksal von allen“, heißt es da. Manchmal schien es, dass Bewegung in das Drama kommen könnte – so in der vergangenen Woche.

Da hieß es plötzlich aus dem thailändischen Umweltministerium, die Besitzer wollten 30 Millionen Thai Baht (800 000 Euro) für die Freilassung des Gorillas haben. Dann könne das Tier in einen Zoo nach Deutschland gebracht werden – denn da stamme der Menschenaffe auch ursprünglich her. Um welchen Zoo es sich handeln könnte, wurde nicht bekannt. Aber die Ankündigung sorgte umgehend für Schlagzeilen.

Der Zoo selbst dementierte die Geldforderung kurze Zeit später auf Facebook und erklärte, Bua Noi sei zu alt, um sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen, und sie werde zudem gut versorgt. Dennoch ist das Schicksal der Primatin seither nicht nur in Thailand, sondern auch international wieder in aller Munde.

Bua Noi sitzt derweil auf dem Betonboden, dem einzigen Boden, den sie kennt. Immer wieder atmet sie in kurzen Schüben Luft ein und starrt hilflos an die Decke. Es sieht aus, als würde sie weinen, ja schluchzen. Gorillas und Menschen teilen 98 Prozent ihres Erbgutes. CAROLA FRENTZEN

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