Rosenheim – Für seine erste Sitzung in diesem Jahr hatte der IHK-Regionalausschuss die Räume der Rosenheimer HypoVereinsbank (HVB) gewählt. Nach einer kurzen Führung durch die mit modernster Technik ausgestatteten Beratungsbüros und einer Begrüßung durch den Leiter der HVB-Unternehmerbank Region Oberbayern Süd, Thomas Kaiser, verdeutlichte Andreas Bensegger die Relevanz der Schwerpunktthemen des Abends. So führe die Nachricht von einer angeblichen Pflicht zu einem elektronischen Kassensystem bei Unternehmern noch zu einiger Verwirrung und Unsicherheit, habe andererseits aber lange zurückliegende Ursprünge. Auf diese ging Martin Clemens, Leiter des Referats Steuern und Finanzen bei der IHK für München und Oberbayern, ein.
Basierend auf einem Hinweis des Bundesrechnungshofs im Jahr 2000 auf drohende Steuerausfälle in Millardenhöhe habe das Bundesfinanzministerium einige Impluse wie die „Kassenrichtlinie“ (2010), die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD, 2014) oder die „Kassensicherungsverordnung“ (2017) gesetzt. Neu war zuletzt die Einführung der Kassennachschau zum Februar 2018. Erst 2020 sollen technische Anforderungen an elektronische Registrierkassen konkretisiert werden, so Clemens. „Bislang besteht keine Pflicht zur elektronischen Registrierkasse“, fasste dieser die derzeitige Rechtslage zusammen. Bislang gebe es auch kein Kassensystem zu kaufen, das alle geforderten Anforderungen erfülle. Bis 2022 gelte die schon jetzt laufende Übergangsfrist für nicht umrüstbare Registrierkassen, die vor dem 1. Januar 2020 angeschafft würden. Aktuell sollten Inhaber und Geschäftsführer für eine spontane Kassennachschau durch Mitarbeiter des Finanzamts gerüstet sein, die während der Geschäftszeiten stattfinden könne; offene Bargeldkassen oder Taxameter seien davon nicht ausgenommen, so Clemens. „Seien Sie vorbereitet, kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten“, riet Bensegger den Teilnehmern. Er erinnerte daran, dass das Finanzamt keine Steuerfahndung sei und keinerlei Durchsuchungsrechte habe, dass aber bei Mängeln eine Betriebsprüfung folgen könnte.
Tobias Werner, HVB-Spezialist für Cash Management, bot anschließend einen Überblick über die derzeit vorhandenen, elektronischen Bezahlsysteme. Ob Sepa-Echtzeitüberweisung, Mobile Payment, NFC-Payment mit Debit-Kreditkarten, Person-zu-Person-Zahlungen (P2P) oder Transfers per Blockchain-Technologie: Die Unterschiede bei Nutzwert, Sicherheit und Kundenfreundlichkeit lägen im Detail, so Werner. Die Sepa-Echtzeit-Überweisung etwa, seit Ende 2017 möglich, garantiere eine Zahlungsabwicklung innerhalb von zehn Sekunden oder weniger. „Momentan sind nur Beträge bis 15000 Euro machbar und nur bei Banken, die aktiv am Verfahren teilnehmen.“ Die HVB biete dies momentan an; Sparkasse und Genossenschaftsbanken wollen dieses Jahr noch nachziehen, hieß es. P2P-Zahlungen seien derzeit über paypal oder paydirekt möglich; ein Vorteil sei dabei, dass keine Bankdaten übermittelt würden, sondern nur Mobilfunknummer oder E-Mail-Adresse des Überweisenden.
Für Diskussionsstoff sorgte der Beitrag des Blockchain-Experten Roland Kofler. Er hat mit IBM Technologies einen Verband für Blockchain-Berater ins Leben gerufen. Er bot den Gästen einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der elektronischen Währungen wie Bitcoin oder Etherium und die „Chain“ („Kette“) als eine Art dezentrales, neutrales Computersystem der Informationsverarbeitung. Diese gehöre niemandem außer den Nutzern, sei nicht zu manipulieren oder zu hacken. Über sie können Transaktionen abgewickelt werden, etwa Zahlungen mit digitaler Währung. Im Hinblick auf die Tatsache, dass praktisch jedes Start-up seine eigene, digitale Krypto-Währung auf den Markt bringen könne, meinte Kofler: „Das ist momentan wie der Wilde Westen.“ Angesichts der stark schwankenden Kurse riet er, kein Geld dorthin zu investieren, das man nicht vermisse.
Wirtschaft enttäuscht vom Koalitionsvertrag
Nach all den Themenschwerpunkten, die sich um elektronische Bezahlsysteme und Digitalwährungen rankten, bekräftigte Dr. Robert Obermeier, Chefvolkswirt der IHK für München und Oberbayern, erst einmal, die Forderung der Kammer für eine Bargeldhaltung in der Wirtschaft. Er stellte den IHK-Konjunkturbericht vom Jahresbeginn 2018 für die Region Südostoberbayern vor (wir berichten darüber in Kürze). Abschließend erläuterte er, weshalb die bayerische Wirtschaft enttäuscht sei vom Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Als negativ hob er etwa hervor, dass es keine spürbaren Steuerentlastungen gebe und dass die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen eingeschränkt werde. Auf diese Weise werde der Arbeitsmarkt weiter und stärker als von der Wirtschaft erhofft von der Politik reguliert.